25.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrer Gottfried Cremer

Gottfried Cremer war Pfarrer in der evangelischen-reformierten Kirchengemeinde Vlotho.

Der Totensonntag konfrontiert uns mit einem Tabu, dem Tabu, dass Tod heißt und das wir so gerne verdrängen. Andererseits sind wir tief betroffen, wenn der Tod in unser Leben tritt, wenn er uns den Partner raubt, wenn wir Schmerz und Alleinsein bewältigen müssen oder ein Unfall uns unvorbereitet trifft. Tief betroffen sind wir, wenn wir selbst spüren, dass wir dem Tod entgegen gehen, wenn er unabwendbar nach uns greift. Vor dem Tod gibt es kein Entrinnen. Wir alle müssen uns ihm stellen.
So manche Antwort steht da im Raum: »Mit dem Tod ist alles aus.« Brecht sagt: »Nach dem Tod sitzt das Nichts als einziger Partner mit uns am Tisch.« Über dem Eingang zum Freidenkerfriedhof in Berlin stehen die Worte: »Kein Jenseits gibt's, kein Wiedersehen.« Natürlich wissen wir alle, dass unser Leib zu Staub wird. Bei jeder Beerdigung hören wir die Worte: »Von der Erde bist Du genommen, zu Erde sollst Du wieder werden.«
Aber ist das wirklich alles? Oder ist es nur die beschränkte Sicht des Materialismus? Alle Religionen wissen um ein Weiterleben nach dem Tode, ob im Islam, im Hinduismus oder im Buddhismus. Haben wir nicht oft aus der Welt des Griechentums und des Mittelalters das Wort gehört von der »Unsterblichkeit der Seele«? Den Leib tragen wir zu Grabe, was aber nicht stirbt, ist der Personenkern, die unsterbliche Seele. In unseren Tagen kommt gerade aus dem Bereich der Medizin eine kritische Anfrage gegen die Behauptung »mit dem Tode ist alles aus«. Es sind die so genannten Schwellenberichte von Personen, die klinisch tot waren und die einstimmig bezeugen: Es geht nicht in das Nichts, sondern in eine andere Existenz.
Wir haben es oft - manchmal spöttisch - gehört: » Keiner ist je wiedergekommen«. Was nach dem Tode kommt? »Wir wissen es nicht und werden es nicht wissen.« Als Christen antworten wir jedoch anders. Christus hat den Tod überwunden. Er ist auferstanden. Unser Glaube ist nicht einer Philosophie, menschlichem Denken entsprungen, sondern der Begegnung mit dem lebendigen Herrn, der immer wieder seinen zweifelnden Jüngern erschienen ist, auch einem ungläubigem Thomas oder dem Christenverfolger Paulus. Er hat die Zweifler überwunden, und die Kirche bekennt mit den Osterzeugen: »Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.« Und es ist nicht ein einfaches Nachplappern, sondern Christen aller Zeiten leben ja mit dem lebendigen Gott, seinen Zusagen, die er auch in unserem Leben erfüllt. Wir haben die Erhörung unserer Gebete erfahren, Führung und Wunder im eigenen Leben erlebt und wir bekennen mit den Aposteln: »Bei Gott ist kein Ding unmöglich.« Darum vertrauen wir seinem Versprechen. Aus seiner Hand kann uns niemand reißen. Er wird seine Zusage erfüllen: »Ich lebe, und ihr sollt auch leben.«
Damit schenkt Gott uns ein anderes Lebensgefühl. Wir sind nicht Menschenmaterial, wie es im Dritten Reich der Führer sagte, keine Nummern, kein wertloses Objekt, das irgendwann als Staub vergeht. Nein, ich bin Gottes Kind. Er sucht mich, er liebt mich. Darüber freuen wir uns in der Advents- und Weihnachtszeit. Er schenkt uns seinen Geist und führt und bewahrt uns im Leben. »So lange wir leben, ist Gott bei uns, und wenn wir sterben, sind wir bei ihm.« Sterben ist oft schwer und angstvoll, aber wir wissen von Johannes, dem Seher der Offenbarung, folgendes: Er hört eine gewaltige Stimme, die da spricht: »Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen. Und Gott sprach: »Siehe, ich mache alles neu.« Das ist unsere Hoffnung, darauf vertrauen wir.«

Artikel vom 25.11.2006