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Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrer Andreas Wilke

Pfarrer Andreas Wilke leitet den Pastoralverbund Heiligenberg und ist Seelsorger in Ottbergen.

Was würden Sie alles machen, wenn Sie König von Deutschland wären? Also, ich würde erstmal die Steuern und die Krankenkassenbeiträge senken, den Ölpreis auf dem Stand von 1976 einfrieren, jeden Tag ein anderes Auto fahren und mich ab und zu in einer Sänfte tragen lassen. Das alles und noch viel mehr würdÕ ich machen, wenn ich König von Deutschland wärÕ!
So jedenfalls oder wenigstens so ähnlich klang es in einem Hit des Sängers Rio Reiser, der vor ein paar Jahren auf allen Sendern zu hören war. Es hat Spaß gemacht, dieses Lied zu hören und selbst einmal darüber nachzudenken, ja, wie es denn wäre, wennÉ
Dann kommen mir die Bilder in den Sinn, die »richtigen« Königinnen und Könige, die es heute noch in einigen Ländern gibt. Ich denke daran, wie schön sie wohnen, wie elegant sie auftreten, wie fein sie leben. Aber da sind daneben noch ganz andere Bilder: Wie sie belagert werden von Schaulustigen und Touristen, belauert durch die Sucher von Fotoapparaten mit riesigen Teleobjektiven, beschützt von zahlreichen Bodyguards.
Die katholische Kirche feiert an diesem Sonntag Jesus Christus als den König: »Christkönigssonntag« heißt der Tag. Diesen Namen trägt er seit 1925, seit Papst Pius XI. ihn anlässlich des Heiligen Jahres einführte, in einer Zeit, in der viele Könige längst abgedankt hatten, Monarchien zusammengebrochen waren. Vielleicht war dieser Tag einfach eine Reaktion auf diese für viele schmerzliche Tatsache. Aber egal, schaut man genauer hin, ist Jesus Christus zu Lebzeiten wirklich schon König genannt worden, zuletzt am Kreuz. Auf Geheiß des römischen Statthalters Pontius Pilatus geschah das, der am Kreuz eine Tafel mit der Aufschrift INRI, übersetzt »Jesus von Nazaret - König der Juden« anbringen ließ. Gut, das war wohl eher spöttisch gemeint, aber so ist er eben, dieser König Jesus Christus - ein von vielen verkannter und verspotteter König, der in seiner Wehrlosigkeit am Kreuz, festgenagelt, ohne Kleidung und leidend der Herrscher ist.
Jesus Christus ist darum ganz anders König als der in meinen oder Ihren oder Rio Reisers Königsphantasien. Er ist Herrscher, aber einer, der sich nicht bedienen und in einer Sänfte tragen lässt, sondern der im Gegenteil dient, der gesund macht an Leib und Seele, der Umgang pflegt mit Ausgestoßenen und Sündern.
Das ist wohl die Hauptaussage dieses Christkönigssonntags: Mein König Jesus Christus ist ein erlösender König.
Er will mir gerade auch über dieses Leben hinaus König sein, will mir das ewige Leben schenken, zu dem er selbst durch seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung den Weg bereitet hat. Ist das nicht großartig?

Artikel vom 25.11.2006