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Schüler müssen Klassen selbst fegen

Besenrein: Vorgabe bereitet Grundschulen Probleme - Gemeinde spart 100 000 Euro

Von Annemarie Bluhm-Weinhold
Steinhagen (WB). In den Steinhagener Schulen müssen die Kinder jetzt selbst den Besen schwingen. Die Gemeinde hat aus Kostengründen die Stundenzahl der Reinigungskräfte heruntergefahren - die Schulen müssen selbst die Vorarbeiten leisten, damit die Putzfrauen gleich mit dem Wischen beginnen können. Sprich: Die Klassen sind mittags besenrein zu hinterlassen. Eine Auflage, die den Grundschulen Probleme macht.

In den weiterführenden Schulen ist das selbständige Aufräumen und Fegen sicherlich kein Problem. Anders bei den Kleinen: »Unsere Kinder aber sind einfach zu jung«, sagt Sybille Hageresch, Leiterin der Grundschule Laukshof. Die ersten Klassen seien zwar von der Regelung ausgenommen, die Viertklässler vielleicht schon groß genug, aber bei sieben- und achtjährigen Kindern könne man Putzfertigkeiten noch nicht unbedingt voraussetzen. »Sie fegen den Schmutz häufig einfach nur von einer Seite auf die andere«, so Sybilllllle Hageresch. Auch könnten die Lehrer die Putzarbeiten mitunter nicht richtig beaufsichtigen: »Nicht immer ist dafür noch Zeit am Ende der letzten Stunde und nicht immer kann der Lehrer danach noch dabei bleiben, wenn er zum Unterricht in einer anderen Klasse muss.« Dass die Gemeinde sparen müsse, verstehe sie gut, sagt die Laukshof-Leiterin. Dass Kinder es lernen, die Klassenräume sauber und ordentlich zu hinterlassen, sei selbstverständlich: »Sie leeren zum Beipiel selbst die Papierkörbe in ihren Räumen.« Aber es gebe eben auch Arbeiten, die die jüngeren Kinder noch nicht leisten können.
Folge ist, dass die Klassenzimmer nicht mehr so sauber sind wie früher. Das sagt nicht nur die Laukshof-Rektorin, das bestätigt etwa auch Amshausens Grundschul-Leiterin Annette Hellmann. »Aus der Not heraus haben wir inzwischen auf Puschen umgestellt«, sagt sie. Für mehrere hundert Euro aus dem eigenen Etat hat die Schule Schuhregale angeschafft. Dort werden Straßen- gegen Hausschuhe getauscht, damit Dreck und Nässe gar nicht erst in die Klassenräume hineingetragen werden. Auch Annette Hellmann weiß, dass es für die Kleinen schwierig ist, mit dem großen Besen zwischen den zahllosen Tischbeinen zu fegen. »Ich gehe manchmal schon mit dem Sauger durch«, so Annette Hellmann.
Zudem entfällt die jährliche Grundreinigung der Klassen: »Das Gebäude leidet«, fürchtet Amshausens Rektorin, die nun gemeinsam mit dem Hausmeister nach »Optimierungsmöglichkeiten« sucht. Denn die Gespräche der Grundschulen mit der Gemeinde haben bisher nichts genutzt: »Dass Klassen besenrein hinterlassen werden, muss auch in der Grundschule gehen«, verweist Bürgermeister Klaus Besser im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT auf die Praxis auch in anderen Kommunen. 100 000 Euro könne man an Personalkosten jährlich sparen durch die Reduzierung der Stundenzahl des kommunalen Reinigungspersonals. 30 Kräfte, alle in Teilzeit, sind in allen kommunalen Gebäuden beschäftigt - einzig im Gymnasium ist die Reinigung privatisiert. Die Qualitätsstandards der Privatfirmen aber seien zwecks Optimierung inzwischen auch auf die kommunale Reinigung übertragen worden. »So hahaben wir neue Geräte angeschafft und auf neue Reinigungsmittel umgestellt«, erläutert Besser. Dass ein Gebäude leide, weil die große Jahresreinigung entfalle, das bestreitet er: »Die tägliche Reinigung sollte sie überflüssig machen.« Zu lösen ist das Problem der Grundschule aus seiner Sicht nicht - nur durch mehr Stunden bei den Reinigungskräften. Und das verursacht wieder Kosten.

Artikel vom 24.11.2006