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Stadt entzieht das Baby

Jugendamt lagen akute Alarmhinweise vor

Gütersloh (WB/rec). Zum Schutz vor möglichen Schäden hat das Gütersloher Jugendamt einer jungen Familie für kurze Zeit das neu geborene Baby genommen und einer Pflegemutter übergeben. Dem Amt lagen Hinweise vor, die auf eine Gefährdung des Wohles von Mutter und Kind deuteten.

Die Eltern des im St. Elisabeth-Hospitals geborenen Jungen sind zerstritten. Die 16 Jahre junge Mutter und der 17 Jahre junge Vater tragen die Staatsangehörigkeit von Serbien-Montenegro; sie gehören den Sinti und Roma an. Nach deren Rechtsverständnis gelten die beiden Schüler als verheiratet. Im Falle einer Trennung wird das Kind in dieser Volksgruppe dem Vater zugesprochen. »Die Gefährdungsmomente waren eindeutig. Wir durften nicht zögern«, teilt Jugendamtsleiter Heinz Haddenhorst auf Anfrage mit.
Das Baby wurde gestern wieder zur Mutter in den Kreis Osterholz bei Bremen gebracht. Der Vater wohnt in Gütersloh. Bei der erzwungenen Trennung war es auf die Säuglingsstation des Elisabeth-Hospitals zu tumultartigen Ausschreitungen gekommen. Ob die vom Jugendamt verfügte Trennung ein juristisches Nachspiel haben wird, steht noch nicht fest: »In diesem Fall wurde gegen eine ganze Reihe strafrechtlicher Be-stimmungen verstoßen«, sagt der Gütersloher Rechtsanwalt Murat Arslan, der die Mutter vertritt. Noch nicht absehbar sei etwa, welche Folgeschäden das Baby nach dieser Aktion davon tragen werde. »Die Mutter will jetzt erst einmal zur Ruhe kommen. Über alle weiteren Schritte beraten wir später«, teilt Arslan mit.
Für Jugendamtsleiter Haddenhorst beweist der Vorfall dagegen die Funktionstüchtigkeit des sozialen Frühwarnsystems in Gütersloh. Er würde bei ähnlicher Informationslage jederzeit wieder so handeln: »Die Unterbringung bei einer Pflegemutter war von Anfang an nur vorübergehend geplant. Ich bin froh, dass es dem Kind gut geht.«

Artikel vom 24.11.2006