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Tagesmutter zur Kasse gebeten

33-Jährige besteht beim Finanzamt auf »steuerbefreite Pflegegelder«

Von Manfred Schraven
Paderborn (WV). Sie passt wie angegossen ins aktuelle Werbeklischee - führt sie doch »ein kleines erfolgreiches Familienunternehmen. Nebenbei ist die Hausfrau und Mutter allerdings noch Tagesmutter. Diese »Nebentätigkeit« hängt die 33-jährige Ulrike Schröder-Menke allerdings an den Nagel. Sie fühlt sich vom Finanzamt über Gebühr zur Kasse gebeten.

Vier Jahre lang hat Ulrike Schröder-Menke in der Regel drei bis fünf Kinder unter ihre Obhut genommen, teils von privater Hand, teils durchs Jugendamt zugewiesen. »Viel Arbeit für wenig Geld« erkennen auch die Jugendämter die Tätigkeit der Tagesmütter an. Der 33-Jährigen war es egal - solange das »Geld in etwa passte«. Das abrupte Ende bahnte sich an, als die junge Frau ihre Einkommenssteuer für 2005 beim Paderborner Finanzamt vorlegte, und erstmals für die Entlohnung aus öffentlichen Kassen Steuern zahlen sollte. Wohl wissend, dass bei der steuerrechtlichen Behandlung zwischen Pflegegeld aus öffentlichen Kassen und Pflegegeld aus privater Hand zu unterscheiden ist, ging sie bis dato davon aus, dass das Pflegegeld vom Jugendamt gemäß § 3 Nr. 11 EStG (Einkommenssteuergesetz) steuerfrei sei. Entsprechende Vermerke und Hinweise sind in den Jugendämtern fast Routine.
Ganz anders wird das im Finanzamt gesehen. In Bezug auf ihre Erklärung zur Einkommenssteuer 2005 erhielt die Tagesmutter die Mitteilung, dass »die Einnahmen vom Jugendamt als steuerpflichtige Einkünfte anzusehen sind«. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG sei nicht gegeben. Das Finanzamt bezog sich unter anderem auf ein Urteil des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz vom 5. Dezember 2002. Für die Paderborner Tagesmutter heißt das konkret: Der Betrag von 4401,96 Euro ist in voller Höhe der Steuerpflicht zu unterwerfen, sofern nicht Ausgaben geltend gemacht werden können, welche die Höhe der Einnahmen vermindern würden.
Nachdem ihr Einspruch abgelehnt wurde, schmiss die junge Tagesmutter die Sachen hin, nicht aber ihr Unterlagen für die rechtliche Behandlung von Pflegegeld an sich. Auf ihr Drängen befasste sich das Jugendamt mit der Angelegenheit. So hat die Stadt Paderborn das steuerrechtliche »lex Paderborn« beim Landesjugendamt in Münster zur Prüfung vorgelegt.
Vor dem Hintergrund, dass in Paderborn rund 150 Frauen als Tagesmütter tätig sind, hofft das Jugendamt der Stadt auf baldige verlässliche Informationen und Richtlinien aus Münster. Jens Reinhardt vom Presseamt der Stadt: »Wir sind froh, dass es Tagesmütter gibt, die den Ämtern bei der Betreuung der Kinder unter die Arme greifen. Eine goldene Nase können die Tagesmütter sich dabei nicht verdienen.«
Außerdem fordert Ulrike Schröder-Menke eine Klärung zur steuerrechtlichen Behandlung ihrer Einnahmen aus öffentlichen Mitteln aus ihrer Tätigkeit als Tagesmutter durch das Finanzministerium des Landes NRW ein. Eine steuerrechtliche Würdigung der Angelegenheit sei noch nicht abschließend möglich gewesen, hieß es bis gestern auf Anfrage dieser Zeitung in Düsseldorf.
Der Leiter des Finanzamtes Paderborn Rüdiger Mattick durfte sich zum konkreten Fall nicht äußern, wies aber mit Nachdruck darauf hin, dass die steuerrechtliche Behandlung sich vornehmlich an der Basis der Geringfügigkeit orientiere. Da komme es darauf an, wie viele Tageskinder betreut würden. Grundsätzlich sei aber erst einmal jede Einnahmequelle der Steuer unterworfen. Entstehende Aufwendungen - auch die der Tagesmütter - könnten schließlich angegeben und angerechnet werden.

Artikel vom 24.11.2006