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Auch mit 90 noch
ein Handballfan

Willi Pohlmann feiert 90. Geburtstag

Halle-Hörste (kg). Den Wandel auf dem Land, den hat Willi Pohlmann hautnah miterlebt. »Auf der ganzen Habighorst gibt es jetzt noch drei Milchbauern. Früher waren es bestimmt 20«, weiß der Hörster, der sein Leben auf dem Hof an der Wacholderstraße 3 verbracht hat. Am heutigen Freitag feiert er seinen 90. GeburtstagÊ- und viele Wegbegleiter feiern mit.

Sein erstes Geld verdient hat der Hörster Bauernsohn noch bevor er zur Schule ging. »Maulwürfe fangen war damals der große Schlager hier. Und ich weiß noch genau, dass ich 1922 für drei Tiere 1000 Rentenmark bekommen habe. Die waren aber eine Woche später just noch einen Groschen wert«. Als die Weimarer Republik noch in den Kinderschuhen steckte, habe man Pelzmäntel aus den getrockneten, seidigen Maulwurfsfellen genäht. Pohlmann erinnert sich: »Hinter den Scheunentoren war bei uns alles vernagelt mit Fellen«. Kein Wunder, dass die Knechte ein bisschen was dazu verdienen wollten. Drei gab es damals auf dem Hof Pohlmann. Der Kleinknecht, quasi ein »Bengel für alles«, wurde auch »Pottschulte« gerufen.
Nach der Volksschule in Hörste ging Willi Pohlmann auf die Landwirtschaftsschule in Halle, jedenfalls zwei Winterhalbjahre. Dann kam er zum Reichsarbeitsdienst und wurde 1938 schließlich eingezogen. Der Krieg brach aus. Und der junge Hörster, der erst in Insterburg in Ostpreußen stationiert war, verlor 1942 in Stalingrad ein Bein. Nach langen Monaten in den verschiedenen Lazaretten kam er nach Hause - und heiratete seine Herta vom Hof Windau. »Das war ein Glücksfall. Wir haben uns schon immer gekannt und jetzt Diamant-Hochzeit gefeiert«, berichtet der Jubilar.
Gemeinsam wurde der Betrieb weiter aufgebaut und die Familie wuchs mit den Söhnen Wilhelm und Siegfried und Tochter Annegret. Der Hof, den Willi Pohlmann mit 65 Jahren an seinen Sohn übergab, veränderte sich: Hühner wurden abgeschafft, der Schwerpunkt der Bewirtschaftung auf Schweine, Rindvieh und Bullenmast gelegt. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft trug dazu bei, dass die Viehhaltung schließlich ganz aufgegeben wurde und nur noch Ackerbau betrieben wird.
Langeweile ist dennoch kein Wort, dass Willi Pohlmann je für sich verwenden würde. Zu tun hat der rüstige Rentner immer etwas - und im Winter flicht der Großvater von sechs Enkelkindern (»alle von der guten Sorte«) eigenhändig Weidenkörbe. In den örtlichen Vereinen war Willi Pohlmann immer aktiv: in der Kyffhäuser-Kameradschaft, im Heimatverein, im VdK sogar als Vorsitzender und natürlich in der TG, wo er natürlich Handball gespielt hat. Handballfan ist er noch heute. Und das Bundesliga-Spiel Lemgo gegen Hamburg kurz vor Weihnachten will er sich im Gerry Weber Stadion nicht entgehen lassen - auch nicht mit 90 Jahren.
Den Glückwünschen, die Willi Pohlmann heute entgegen nehmen wird, schließt sich das WESTFALEN-BLATT gern an.

Artikel vom 24.11.2006