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Gärtnerin ist kein Beruf zum Fürchten

Manja Stier (25) versteht nicht, warum sich so wenige Jugendliche bei der Stadt bewerben

Von Thomas Hochstätter
(Text und Fotos)
Löhne (LZ). Arbeitszeit 7.30 bis 15.30 Uhr, viel frische Luft, im ersten Lehrjahr gut 600 Euro brutto. Das ist der Job eines Gärtners für Garten- und Landschaftsbau im November 2006. Doch bis auf vier kann sich kein Löhner Jugendlicher vorstellen, diesen Beruf zu ergreifen.

»Viele junge Leute wollen Geld reinbekommen, wenig dafür tun und es schön trocken und warm haben.« Die das sagt, ist 25 Jahre alt und hat es in diesen Tagen weder warm noch trocken: Manja Stier lernt den Beruf der Gärtnerin bei den Wirtschaftsbetrieben Löhne (WBL). Ob die Absolventin der Hauptschule Löhne-West einen Nachfolger bekommen wird, steht aber in den Sternen. Denn eine Lehrstelle wie ihre gehört zu dreien, die die Stadt derzeit wie Sauerbier anbieten muss - weil sie trotz Lehrstellennotstand offenbar nicht attraktiv genug sind.
Andrea Linnemann aus der Personalabteilung der Stadt versteht es auch nicht: Für den Beruf des Industriekaufmanns können sich ja noch 42 Bewerber begeistern, Gärtner wollen aber schon nur acht werden, davon vier aus Löhne, Anlagenmechaniker sieben, davon drei Löhner. Und Gebäudereiniger? Niemand. Es ist nicht eine Bewerbung eingegangen. »Das ist ja Wahnsinn«, sagt Andrea Linnemann. Ihre Telefonnummer ist in der Anzeige angegeben, die die Stadt nach den Herbstferien geschaltet hat und die noch im Internet steht. Für Rückfragen. Der Apparat habe nicht geklingelt.
Zum Wochenende hat Linnemann die Leiter der weiterführenden Schulen angeschrieben. Der Bedarf muss doch da sein! Schließlich hat der Stadtrat extra zwei zusätzliche Lehrstellen im Nicht-Verwaltungsbereich geschaffen - weil die Lage bei den Geringqualifizierten doch so schlimm ist. Und nun: »Wir werden die Stellen nicht um jeden Preis vergeben.« Selbst Mutter von vier Kindern, kommt Linnemann aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Obwohl: Ans Griese-Kolleg und die Arbeitsagentur habe sie sich nicht gewandt. Erst seien die aktuellen Schulabsolventen an der Reihe. Mit der Agentur habe sie zudem schlechte Erfahrungen gemacht. Absprachen in Bezug auf Bewerberzahl und Güte klappten da nicht. Also: »keine Hilfe«.
Und Jugendliche, die von sich auf die Stadt zugehen, auch ohne Stellenausschreibung, gebe es bei handwerklichen Berufen fast gar nicht, erzählt Andrea Linnemann. Jetzt hofft sie deshalb auf Resonanz auf diesen Artikel. Denn weder Gärtner noch Gebäudereiniger sei ein Beruf zum Fürchten.

Artikel vom 21.11.2006