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»Möglichst schnell in die Klinik«

Tagung der Leitenden Notärzte: Professor Adams stellt sein Konzept vor

Warburg (WB). Professor Dr. Hans-Anton Adams von der Medizinischen Hochschule Hannover hat jetzt vor den Teilnehmern einer Tagung der Leitenden Notärzte im Kreis Höxter ein von ihm maßgeblich entwickeltes Notfallkonzept vorgestellt. Dieses Konzept stellt das in Nordrhein-Westfalen praktizierte Notfallsystem auf den Kopft. Adams plädiert bei Großschadensereignissen ohne Kompromisse für den schnellstmöglichen Transport in eine Erstversorgungsklinik.

»Wir leben in einer Panikgesellschaft, in der bei Schadensfällen viel zu schnell von Katastrophen gesprochen wird. Fallen auf Rügen drei tote Schwäne wegen Vogelgrippe um, ist das gleich eine Katastrophe - so ein Quatsch. Das ist eine Tierkrankheit.« Mit deutlichen Worten zog der Referent die fachkundigen Zuhörer in seinen Bann und scheute dabei auch keine Provokation: »Behandlungsplatz ist der falsche Begriff!«
Damit hatte er die Besonderheit seines Konzeptes auf den Punkt gebracht: Seiner Meinung nach sei nur der Einsatz einer Erstversorgungsklinik das geeignete Verfahren zur schnellen Notfallversorgung von verletzten Opfern.
In Nordrhein-Westfalen, aber auch in den meisten anderen Bundesländern, ist bei einem Großschadensereignis mit vielen Verletzten vorgesehen, die Versorgung der Patienten auf einem Behandlungsplatz vorzunehmen. Solch einen Behandlungsplatz haben auch die Rettungskräfte aus dem Kreis Höxter beispielsweise während der Fußballweltmeisterschaft am Spielort Gelsenkirchen vorgehalten. Dazu gab es von Jürgen Ditter, Leiter der Abteilung Bevölkerungsschutz des Kreises Höxter, einen ausführlichen Rückblick.
Auch Professor Adams sah die Fußball-WM als wichtigen Schritt: »Wir sind nach der WM alle weiter als vorher!« Doch das war auch schon die einzige Übereinstimmung. Er konzentriert die Aufgabe der sonst als beste Lösung angepriesenen Behandlungsplätze lediglich auf die Sichtung und Herstellung der Transportfähigkeit nur der schwer verletzten Patienten, um diese Notfallpatienten dann unverzüglich in eine nahe gelegene Erstversorgungsklinik zu bringen. Die an der Schadensstelle eingesetzten Rettungswagen könnten sozusagen im Rundumverkehr die Patienten dorthin transportieren. In der Erstversorgungsklinik müssten dann natürlich alle Ressourcen auf die Notfallversorgung konzentriert werden.
Keine Zweifel ließ Professor Adams über die enorme Bedeutung der verschiedenen Hilfsorganisationen wie Feuerwehr, Rotes Kreuz oder Malteser gelten: »Es kommt entscheidend darauf an, dass wir genügend ehrenamtliche Helfer zur Verfügung haben.« Außerdem könne solch ein Katastropheneinsatz nur funktionieren, wenn sich der Leitende Notarzt und der Organisationsleiter der Feuerwehr gut kennen und verstehen würden. »Hier muss alles Hand in Hand gehen. Kommt es im Schadensfall zu Kompetenzstreitigkeiten, kann der Einsatz nur schief gehen.« Selbstverständlich sei sein Konzept auch für die Kliniken mit enormen Umstellungen verbunden, gab er zu: »Auch die Kliniken müssen solch einen großen Anfall von Patienten üben.«
Dr. Rolf Schulte, Sprecher der Leitenden Notärzte, wies darauf hin, dass dieses Konzept an einer Einrichtung wie der Medizinischen Hochschule Hannover sicherlich einfacher umzusetzen sei als in den kleineren Krankenhäusern im Kreis Höxter. Allerdings sah er dies nicht als Hinderungsgrund, sich mit dem vorgestellten Konzept näher auseinanderzusetzen. Das sahen auch die anderen Teilnehmer so, zu denen neben den Leitenden Notärzten der Kreisbrandmeister, Vertreter der Polizei, der Kreisleitstelle und des Sanitätszentrums der Bundeswehr Höxter, die Wehrführer der Städte, Notfallseelsorger, die Leiter der Rettungswachen, der Sprecher der organisatorischen Leiter Rettungsdienst sowie die Vertreter der Hilfsorganisationen wie THW, DRK, DLRG, Malteser Hilfsdienst und die Rettungstaucher gehörten.

Artikel vom 22.11.2006