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Der Schrecken
ist für viele
Frauen Alltag

Ausstellung im Bünder Rathaus

Von Hartmut Horstmann
Bünde (BZ). Permanenter Missbrauch, grenzenlose Eifersucht des Ehemannes, Alkoholismus: Die Qualen, von denen Frauen in der neuen Ausstellung im Bünder Rathaus berichten, sind erschreckend - und doch auch in Deutschland alltäglich. »40 Prozent aller Frauen in Deutschland erfahren im Laufe ihres Lebens Gewalt«, betont Dorit Bethke, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bünde.

»Neue Wege - Wege aus der Gewalt« heißt die Präsentation, die gestern von Bürgermeisterin Annett Kleine-Döpke-Güse eröffnet wurde. Die Wanderausstellung geht zurück auf die Künstlerin Ute Kaul, die auf 21 Stoffbahnen Lebensgeschichten von Frauen dokumentiert hat - Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Doch will es die Künstlerin nicht beim Mahnen lassen, gleichzeitig werden Wege aufgezeigt, sich zur Wehr zu setzen.
»Während ich zur Arbeit war, verließ ich ihn«, schreibt eine Frau: »Ich konnte es nicht fassen, ich war raus.« Diese Sätze mögen banal wirken - was es für die Frau bedeutet haben muss, ihren Mann zu verlassen, machen die drastischen Schilderungen ihres Ehelebens erahnbar. Fünf Jahre lang sei sie täglich missbraucht worden, schreibt sie. Und die Kinder hätten alles mitgekriegt.
Den Frauen, die sich äußern, fällt es trotz aller Qualen nicht leicht, sich von ihren Männern zu trennen. Zwei Tage wurde eine Frau in ein Gartenhaus gesperrt, ohne Essen, ohne Trinken: »Ich wusste nicht, was mein Mann mit den Kindern machte, das war daran das Schlimmste.« Irgendwann fruchteten die Entschuldigungen des Mannes nicht mehr, die Frau ließ sich scheiden. Heute hofft sie, dass sie und ihre Kinder endlich Ruhe finden. Dass dies einige Zeit dauern kann, wird aus einem Satz einer anderen Betroffenen deutlich: »Vor den Bildern im eigenen Kopf kann man nicht flüchten.«
Die Bedeutung der Ausstellung unterstrich Susanne Klose, Opferschutz-Beauftragte bei der Kreispolizeibehörde Herford. Häusliche Gewalt sei die häufigste Form der Gewalt gegen Frauen, sagte sie. Eine Zahl, die die Brisanz des Ausstellungsthemas belegt: »70 Prozent der Frauen, die ermordet werden, werden von ihrem Partner getötet.« Die tödliche Auseinandersetzung fällt nicht vom Himmel - meist gehen ihr gewalttätige Phasen voraus. Wichtig ist, dass die Polizei möglichst schnell informiert wird: »Dann haben wir die Chance, eine weitere Eskalation zu verhindern.«
Die Ausstellung ist bis zum 1. Dezember im Rathaus zu sehen. Gestern wurde dort auch die Fahne von »Terres des Femmes« gehisst - in Hinblick auf den 25. November. Bei diesem Tag handelt es sich um den Gedenktag gegen Gewalt an Frauen.

Artikel vom 21.11.2006