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Ganz in Weiß
- mit einem
Feuerstrauß

Ausstellung mit 34 Künstlern

Harsewinkel (jaf). »Ganz in Weiß«, das war der Titel der Vernissage in den Rosendahl-Hallen. »Ganz in Weiß« - das war einmal. Denn nach dieser dreitägigen Ausstellung war nichts mehr weiß in dem Gebäude, das seit gestern abgerissen wird (wir berichteten). 34 Künstler sorgten für Farbkleckse, Simone Beckmann für eine wahre Farbexplosion - und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Weiß? Das sind zur Eröffnung am Freitagabend nur noch die Wände auf der Empore. In allen anderen leer stehenden Räumen, Ecken und Winkeln Ê- keine Spur mehr von Tristesse, kein Gedanke an den nahenden Abbruch des Gebäudes am Remser Weg. Überall farbenfrohe Werke. Schon im Entree: Die gut 300 Gäste werden freundlich vom »Matterhorn« gegrüßt. »Ich habe als Vorlage eine Fotografie vom Matterhorn genommen. Ein wenig habe ich damit am PC herumgespielt und dann das Ganze mit Farbe umgesetzt«, beschreibt der Organisator der Ausstellung, Jan Marius Geller, eines seiner zahlreichen, auf Leinwand gebannten Werke.
Der Weg der vielen Kunstfreunde führt vorbei an Angelika Schneidewinds Zeichnungen, an Andrea Ridders abstrakten Kunstwerken, die sich bewusst keck aus den Winkeln neigen. »Das Blau gibt den Bildern die Weite, die kräftigen Farben geben den Halt«, sagt die Grafik-Designerin aus Bielefeld, die auch den Höhlenmalereiaspekt mit Farbpigmenten aus Südfrankreich aufgreift.
Während der Blick zur Decke wandert, wo die riesigen Metalltiere von Frank Settertobulte über die restlichen 600 Werke zu wachen scheinen, führt der Weg in den hinteren Teil. Dort, wo einst die exklusiven Rosendahl-Möbel ausgestellt waren, hängen drei Tage lang exklusiv Bilder. Die von Marianne Reicherts etwa. Die Harsewinkelerin stellt erstmals aus. »Ich war früher ein Ferienmaler. Seit meinem Ruhestand widme ich mich verstärkt der Kunst. Je nach Stimmungslage male ich Aquarelle oder mit Acrylfarbe«, verrät die Lehrerin, die auch Kunst unterrichtete. Stillleben, Pflanzen, aber vor allem Nordseemotive entschwinden ihrem Pinsel - und zwar mit einer Leichtigkeit, die an eine luftige Brise im hohen Norden erinnert. »Unsere Lieblingsinsel ist Wangerooge, dort lasse ich mich meist inspirieren«, sagt Marianne Reicherts.
Eine kurze Mikrofondurchsage von Jan Marius Geller, der die Gäste begrüßt. Und dann wird es laut. Nein, die Abrissbagger sind es nicht, noch nicht. Simone Beckmann und Pyrotechnikerinnen der Band »Rammstein« schweben mit in Flammen stehenden Pinseln die Treppe hinunter, wo die 300 Kunstfreunde geduldig auf das von Ansgar Kleine gesponserte Sprengstoff- und »Feuerstrauß«-Spektakel warten, ganz in Weiß, versteht sich. Die Geduld hat sich gelohnt. Die Greffenerin, in Goldlack gehüllt, und die Künstlerinnen aus Berlin und Hamburg, werden ihrem Ruf gerecht und sorgen wieder einmal für Aufsehen. Das brennende Geländer, das Feuerwerk auf der Empore, das Bild, das oben an der Wand durch die Feuerpinsel entsteht, die Feuerspuckerin hoch oben auf der Bühne - und dazu die hypnotischen Klänge von Bernhard Wöstheinrich. Wahrlich: »Ganz in Weiß« - das war einmal.

Artikel vom 21.11.2006