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Turbulenter als
der Filmklassiker

»Feuerzangenbowle« in Stadthalle

Von Cornelia Müller
Lübbecke (WB). Woran denken Sie, wenn Sie »Feuerzangenbowle« hören? An heißen Punsch mit flambiertem Zuckerhut? (Hmmmh.) An den Roman von Heinrich Spoerl? (Wie belesen.) An Heinz Rühmann? Aber ja, selbstverständlich!

Seit Rühmann 1944 den Schüler Pfeiffer »mit drei f, eins vor dem ei, zwei dahinter« gab, ist der alte Schwarzweißfilm zum Klassiker geworden, der jedes Jahr zur Vorweihnachtszeit die Herzen der Zuschauer mit Erinnerungen an die gute alte (Schul-)zeit wärmt - an eine Zeit, in der die Schule noch Penne hieß und Pisa nur der Name einer Stadt in der Toscana war. Der Schüler Pfeiffer und Heinz Rühmann - das gehört einfach zusammen.
Dass aber Heinrich Spoerls Geschichte vom erfolgreichen Schriftsteller, der bei einem gemütlichen Umtrunk beschließt, seine verlorene Schulzeit nachzuholen, auch als Theaterstück - ganz ohne Rühmann - beste Unterhaltung ist, davon konnten sich die Lübbecker nun selbst überzeugen. Denn am Samstag präsentierte der Kulturring Lübbecke die renommierte »Komödie im Bayrischen Hof« mit ihrer Bühnenfassung der »Feuerzangenbowle« und hatte damit einen echten Publikumsmagneten im Programm. Die Stadthalle war ausverkauft und die Neugier des Publikums auf Pascal Breuer als »Schüler Pfeiffer« groß.
Was die Zuschauer dann gute zweieinhalb Stunden lang zu sehen bekamen, war eine Inszenierung, die sich in vielen Einzelheiten eng an die vertraute Filmfassung anlehnte, aber frischer und turbulenter war. Es gab all die liebenswürdigen Macken, die den Charme von Spoerls Figuren ausmachen.
Der überkorrekt-hilflose Professor Crey (Wolfram A. Guenther) mät seiner gädähnten Aussprache fehlte ebenso wenig wie Lehrer Bömmel (Dieter Henkel) mit seiner »Dampfmaschin«, und der Wiedererkennungswert war hoch - trotzdem gelang es Regisseur Karl Absenger, den Staub, den die Rühmann-Verfilmung eben doch in all den Jahren angesetzt hat, behutsam wegzupusten. Das kam besonders der Liebesgeschichte zwischen Pfeiffer (Pascal Breuer) und der Referendarin Eva Knauer (Ulla Wagener) zugute, die hier längst nicht den Stellenwert hatte wie im Film. Die Bühnenfassung rückte die harmlosen Scharmützel zwischen Schülern und Lehrern und zwischen Schülern und Mitschülern in den Mittelpunkt und ließ - durch alle Verklärung hindurch - manchmal sogar ganz ernsthaft durchblicken, dass Schule nicht immer und nicht für alle nur ein großer Spaß war. Der »Feuerzangenbowle« bekam dies sehr gut: Zuviel Zucker ist dem Geschmack schließlich eher abträglich. Und Pascal Breuer als Schüler Pfeiffer? Ausgelassener, alberner, lauter als Rühmann, aber - in seiner Rolle als Schüler unter Schülern - vielleicht gerade deswegen sogar ein wenig glaubhafter.
Die Aufführung hielt, was sich die Zuschauer von ihrer »Feuerzangenbowle« versprochen hatten. Das Publikum erlebte einen heiteren Theaterabend, der einen - ganz wie es sich nach dem Genuss einer Feuerzangenbowle gehört - in angenehm leichte Stimmung versetzte. Viel Applaus dafür.

Artikel vom 21.11.2006