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Schüler geben Opfern eine Stimme

Knapp 100 Menschen bei der städtischen Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag

Von Jan-Hendrik Hirscher
und Thomas Hochstätter
Bad Oeynhausen (WB). Ein Toter des 11. September, ein zehnjähriger Junge aus Ruanda, »Pavel« aus dem ehemaligen Jugoslawien und eine Jüdin im Zweiten Weltkrieg. Bei der städtischen Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag gaben gestern 13 Schüler den Opfern von Krieg und Gewalt ein Gesicht.

Unter diesem Motto stand die ganze städtische Gedenkveranstaltung in der Auferstehungskirche, am Gedenkbrunnen und der Gedenlkstätte: der Trauer ein Gesicht zu geben. So erinnerten die Schüler einer zehnten Klasse des Gymnasiums und der 13. Jahrgangsstufe der Gesamtschule mit den Kirchen der Innenstadt, der Musikschule, dem Posaunenchor der Altstadt und Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann an Opfer von Krieg und Gewalt. Es nahmen knapp 100 Menschen teil.
»Nur wer Trauer zulässt, kann neue Hoffnung bekommen«, sagte Altstadtpfarrer Lars Kunkel. Symbolisch zündeten die Schüler Kerzen für die Opfer verschiedener Gewalt an. Hinter einer Schattenwand sitzend erzählten die Zehntklässler des Gymnasiums die Geschichte der Opfer aus deren Perspektive. Beispielsweise die Geschichte einer Jüdin, die in einem Konzentrationslager leidet und ihren Gastod beschreibt. Oder die Geschichte des deutschen Soldaten in Berlin, der seinen Freund sterben sieht und dann selbst getroffen wird. Dieser erste Teil der Veranstaltung in der Auferstehungskirche wurde mit traurigen Gitarrenklänge untermalt.
»Der Krieg scheint leise und fern. Er ist aber laut«, mahnte Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann. Er betonte, Deutschland erlebe zwar eine 60-jährige Friedensperiode, dies könne aber leider nicht für alle Nationen auf der Welt gesagt werden. »Jeder sollte den Frieden dort wahren, wo es ihm möglich ist, in der Familie oder bei der Arbeit, und nicht gegen die Gewalt abstumpfen.«
Ein intensiver Moment des Gedenkens folgte bei der Fortsetzung der Veranstaltung am Gedenkbrunnen, wo die Schüler Lichter für die jüdischen Opfer des Zweiten Weltkrieges aufstellten, was Mueller-Zahlmann durch Worte des Bundespräsidenten begleitete.
Die Kranzniederlegung an der Gedenkstätte hinter der Auferstehungskirche und das Singen der Nationalhymne bildeten den Abschluss der Veranstaltung.
l Am Rande wurde auch über die niedrige Teilnehmerzahl diskutiert. Im Vorjahr waren es noch etwa 300 Besucher bei der städtischen Gedenkstunde gewesen, nun 200 weniger. Es fiel auf, dass aus den beiden Schulen kaum mehr als die direkt beteiligten Jugendlichen anwesend waren. Aus dem 44-köpfigen Stadtrat nahmen nur die Grünen-Vertreter Thomas Heilig und Rainer Müller-Held teil. Mueller-Zahlmann sagte jedoch auf Nachfrage, ihm sei der Inhalt wichtiger als solche Zahlenspiele. »Diese Veranstaltung soll Zukunft haben.« Von einem Riss, der durch die Bürgerschaft zu gehen scheine, könne man nicht sprechen.

Artikel vom 20.11.2006