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»Die Anmut des Anflugs«

40 Jahre »Favorit«: Einblicke in die Welt der Brieftaubenzüchter

Versmold-Hesselteich
(mapu/GG). Gerührt blickt Horst Kleine-Tebbe am Freitagabend in die Runde. 50 Leute sind ins Feuerwehrgerätehaus Hesselteich gekommen, um seinem Brieftaubenzuchtverein »Favorit Hesselteich« die Ehre zum 40-jährigen Jubiläum zu erweisen. »Das sind fast fünfmal mehr Menschen, als unserem Verein angehören«, schmunzelt der 58-Jährige wohlwissend, dass seinen »Favoriten« gerade einmal elf Mitglieder angehören.

»Wir sind ein kleiner Club. Da muss man sich etwas einfallen lassen, um auf sich aufmerksam zu machen«, weiß Kleine-Tebbe aus 32-jähriger Tätigkeit als Vorsitzender nur zu gut. Deshalb herrscht am Freitag zum Auftakt des Jubiläumswochenendes auch das große Glucken im Gerätehaus: Die Favoriten hatten zur Jungtauben-Versteigerung eingeladen.
Davon hatte auch der Wertheraner Züchter Hans Junker gehört. Er avanciert zum »Abräumer des Abends«, ergattert für 160 Euro die beiden teuersten Exemplare. »Hervorragendes Zuchtmaterial mit einer guten Blutlinie«, erklärt Junker, was dem Laien ein wenig zu gegenständlich für ein Tier erscheint. »Das ist aber normal, sozusagen unsere Umgangssprache«, beruhigt »Favorit«-Geschäftsführer Uwe Vahlenkamp. »Wir lieben unsere Tiere, auch wenn wir ihnen keine Namen geben.« Wie auch, angesichts von durchschnittlich hundert Tauben pro Züchter. Vahlenkamp selbst hat ganz besonders seine »Nummer 499« ins Herz geschlossen. Die Taube hat ihm geschätzte 60 Junge geschenkt. Doch mittlerweile hat sie das 13. Lebensjahr erreicht, ist somit eine alte Dame. »Da kommen nur noch Windeier raus«, grient Vahlenkamp. »Sie ist so gesehen für mich als Züchter nutzlos. Aber sie bekommt trotzdem ein Gnadenbrot und besonders viel Aufmerksamkeit, denn sie war wunderbar.«
»Wunderbar« findet auch Horst Kleine-Tebbe, dass am Freitag alle neun Jungtauben versteigert werden. Nicht nur, weil der Erlös seinem Verein zugute kommt. »Die Auktion zeigt auch, dass unsere Gäste wissen, was gut ist.«
Sie alle eint die Leidenschaft für die fliegenden Hochleistungssportler, die immer in ihren Taubenschlag zurückkehren. Doch was macht die Faszination aus? Experte Kleine-Tebbe lässt die Antwort wie aus der Pistole hervorschießen: »Es ist die Anmut des Anflugs. Die Landung einer Brieftaube ist für Kenner ein Schauspiel. Wenn sie zu ihrem Besitzer zurückkommt, erfüllt es dessen Herz einfach immer mit Freude.«
Kleine-Tebbes Herz erfreut am Samstag auch die Vereinsvergleichsschau, zu der seine »Favoriten« eingeladen hatten. 38 Züchter aus zehn befreundeten Vereinen mit 100 Tauben beteiligen sich daran, zwei Preisrichter aus Georgsmarienhütte und Bramsche nehmen die Benotung vor. Die beste Gesamtleistung auf fünf Tiere erreichen dabei die Züchterfreunde von »Luftpost« Marienfeld vor »Eilbote« Versmold. Für das beste Standard-Weibchen wird Hans-Werner Menke aus Schwege ausgezeichnet, der beste Standard-Vogel kommt von Reinhard Kleinschnittger aus Harsewinkel. Neben der Ehrung der Sieger ruft Horst Kleine-Tebbe aber auch die Gründungsmitglieder auf. Erwin Jacobi, Heinz Flottmann, Walter Scholz und Kleine-Tebbe selbst, der einzige aktive Züchter aus der »alten Garde«, erhalten eine Auszeichnung als schöne Erinnerung.

Artikel vom 20.11.2006