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Generalprobe
gründlich
misslungen

Toller Abend im Neuen Theater

Espelkamp (WB). An dieser Komödie hätte sogar Shakespeare seinen Spaß gehabt. Auch wenn er selbst dabei zuweilen der Lächerlichkeit preisgegeben wurde. Mit »Shakespeare in Trouble«, von den Autoren Chris Alexander und Hille Darjes, gastierte die »bremer shakespeare company« am Samstag im Neuen Theater.

Das Bühnenbild hätte einfacher nicht sein können: Schwarzer Hintergrund, zwei Auf- beziehungsweise Abgänge, lediglich durch einen schwarzen Vorhang verschlossen und zwei dunkle Säulen, die etwas Tiefe vermittelten, ansonsten jedoch die einzigen Aufbauten darstellten. Und gerade diese Schlichtheit ermöglichte einen nahtlosen Übergang, um sowohl das Geschehen auf einer Bühne als auch hinter den Kulissen darzustellen.
Vor der Vorstellung gaben sich die Akteure »volksnah«, plauderten mit dem Publikum und gaben »Anweisungen«: »Hier sind noch freie Plätze, die wollen wir nicht sehen. Sie wechseln bitte«. Minuten später standen sie als »Lord ChamberlainÕs Men« auf der Bühne. Angesetzt ist eine Generalprobe in einem Provinztheater der Gegenwart. Thema des Stückes: Der Essex-Aufstand gegen Elisabeth I. im Jahre 1601 aus der Sicht der Globe-Schauspieler.
Die Probe gerät zur grauenvollen Katastrophe, während die Handlung mit Elisabeths »Untergang« ebenfalls dramatische Züge entwickelt. Hektik herrscht nicht nur hinter den Kulissen des Globe-Theaters, hektisch stottert auch der Regisseur aus dem Lautsprecher. Dabei sind im ersten Teil die Anweisungen für Schauspieler und Technik doch eher spärlich gesät, lassen genügend Raum, der Handlung des Dramas zu folgen. Jedenfalls so lange, bis das Licht auf der Bühne erlischt. »Keiner bewegt sich«, ist stotternd der Regisseur zu vernehmen.
Christian Dieterle als Shakes-peare-Darsteller, mit Kerzenleuchter am Bühnenrand sitzend, bittet um ein Urteil seiner Kollegin »Königin Elisabeth« über die neue Perücke. Theateralltag. Hille Darjes in der »königlichen« Rolle hat hier zwar einen weniger prunkvollen Auftritt, dafür jedoch einen überaus eindrucksvollen. Sie verkörpert Elisabeth, die sich als alter Mann verkleidet, bei der Globe-Truppe einschleicht und sich, wenn auch weniger geschickt, als »Bühnenassistent« verdingt. Im Schein des Kerzenlichts legt sie aber auch diese Rolle mitsamt ihrer Perücke kurz ab, während aus dem Hintergrund »Lord Essex«, über und über mit Theaterblut beschmiert, nach einem »Tempo« verlangt. Christian Kaiser mimt den intriganten Liebhaber der Königin herrlich versnobt.
Das Licht geht an, die Probe kann weitergehen, die Regie zu Shakespeare: »Und wechsele die Perücke, du siehst völlig unglaubwürdig aus mit diesem Feudel auf dem Kopf.« Die Zeit rennt, die Katastrophen häufen sich, die Bühne soll bis 14 Uhr geräumt sein und Rudolf Höhn als Ecclestone rennt mit seiner Hellebarde aufs Stichwort auf die Bühne, leider nur im falschen Akt, während Lord Essex, immer noch mit Theaterblut verkrustet, über eine Hautallergie zetert, bis er duschen gehen darf.
Die Ereignisse sowohl im Drama als auch in der Komödie überschlagen sich. Die Königin wird gestürzt und Burbage-Darsteller (Erik Roßbander) stürzt sich auf den geduschten Lord Essex, der mit übersprudelnder Wasserflasche, knisternder Tüte und klingendem Handy den »so wichtigen« Monolog zu stören wagte. »Trennt die beiden mal endlich jemand«, donnert der völlig entnervte Regisseur (Christian Bergmann), jeder beschimpft jeden und als es endlich weiter geht, beginnen die Bühnenarbeiter bereits damit, die Kulisse zu zerlegen. Sonja Gruhn

Artikel vom 20.11.2006