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Im Team in die Selbstständigkeit

Jugendliche lernen in renoviertem Haus sogar die Nachbarschaftspflege

Von Jürgen Köster
Brakel (WB). Der Brakeler Ortsteil Istrup hat sechs Neubürger: Sie sind in das Haus Nr. 27 in der Istruper Straße gezogen und bilden dort eine außergewöhnliche Wohngemeinschaft.
Geschäftsführer Ulrich Woischner, Pfarrer Wilhelm Koch und Bürgermeister Friedhelm Spieker (v.l.) gaben mit dem symbolischen Scherenschnitt den Weg ins Haus frei.
Alexander Uhlig, Omar Tubaishat, Steven Hirsch, Sascha Alich, Frank Betzold und Stefan Welke sind Auszubildende im Kolping-Berufsbildungswerk Brakel (KBBW), dem das Haus durch eine glückliche Fügung gehört. Die ehemaligen Besitzer hatten es der katholischen Pfarrgemeinde St. Michael überlassen, verbunden mit der Bitte, es einem sozialen Zweck zukommen zu lassen.
Pfarrer Wilhelm Koch wandte sich an Ulrich Woischner, Geschäftsführer des Kolping-Berufsbildungswerkes. Der hatte prompt eine Idee: Kolping-Auszubildende sollten das Gebäude renovieren und anschließend sollte es als Wohnstätte für junge Menschen aus dem KBBW dienen. »Wir beschreiten mit dieser Entscheidung eine neue Dimension pädagogischer Arbeit«, sagt Michael Fiekens, sozialpädagogischer Leiter im KBBW.
Die sechs Auszubildenden werden von einem Sozialpädagogen betreut und begleitet. Ihr gemeinsamer Weg soll sie zu Selbstständigkeit und Eigenverantwortung führen. Fiekens: »Selbstständiges Wohnen und Leben mit allen Rechten und Pflichten wird hier eingeübt.« Dazu gehört die Pflege und Instandhaltung des Hauses ebenso wie das Fegen der Straße und die Nachbarschaftspflege. Damit scheinen die sechs jungen Menschen offenbar schon begonnen zu haben. »Die sind in Ordnung. Wir verstehen uns prima«, erklärt Horst-Dieter Richard, der drei Häuser entfernt wohnt und natürlich ebenso zur Einweihungsfeier geladen war wie weitere Nachbarn. Die Segnung des Gebäudes nahm Pfarrer Wilhelm Koch vor. Bürgermeister Friedhelm Spieker gratulierte Woischner zu der Entscheidung, das Haus zu diesem Zweck zu nutzen und den Jugendlichen zu ihrer neuen Unterkunft.
Mehr als 10 000 Stunden Arbeit stecken in dem Haus. Fast ein Jahr lang haben die Bauarbeiten gedauert. »Dieses Fachwerkhaus wurde mit viel Liebe und Eigenleistung von den Jugendlichen selbst und unter Anleitung von Mitarbeitern fachmännisch renoviert. Damit wird ein Stück Istruper Geschichte bewahrt«, nannte Woischner einen Nebeneffekt, der die anderen Dorfbewohner freut.
Neben der produkt- und arbeitsmarktorientierten Ausbildung handelt das Team der sozialpädagogischen Abteilung nach dem »differenzierten Wohnkonzept«. Fiekens: »Durch eine stufenweise Verselbständigung sollen die Jugendlichen bestmöglich zu eigenverantwortlichem Wohnen und Leben befähigt werden.« Dies geschehe in Istrup erstmals in einem ganzen Haus. Bisher habe es nur einzelne Wohnungen gegeben.

Artikel vom 18.11.2006