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In Köln ist der Dativ dem Genitiv sein Tod

Heitere rheinische Lehrstunde mit Konrad Beikircher

Von Rainer Maler (Text und Foto)
Paderborn (WV). Mit seinem Programm »Zwischen Himmel un Ääd« (Erde) gastierte der Kabarettist Konrad Beikircher in der Paderhalle und bereitete den knapp 600 Zuschauern mit seinen sprachphilosophischen Betrachtungen über die Welt zwischen Bonn und Köln einen vergnüglichen Abend mit sehr viel Gelächter.

In seinen Kabarettprogrammen widmet sich Beikircher vor allem dem Wesen und den Dialekten des Rheinländers. Er bringt nuanciert die Feinheiten zwischen Kölner und Bonner Dialekten zum Sprechen und verteilt Seitenhiebe auf die restliche Welt, die im Selbstverständnis des Rheinländers eigentlich eine Kommunikationswüste des Hochdeutschen ist.
Es folgte ein Exkurs über die Relativität von Begriffen, den isolierten Gebrauch der Hochsprache Deutsch und die Ablehnung preußischer Traditionen durch den Rheinländer. Deshalb könne eine Trilogie eben auch acht Teile haben und selbst in der Mathematik ist der Rheinländer nicht auf Linie. Da wird ein rechter Winkel eben zu einem akkuraten 80- Grad-Winkel, kurz der Rheinländer zeichnet sich durch Flexibilität in der Präzision aus.
Beim Ostwestfalen hat der Rheinländer eher den Ruf einer jovialen Frohnatur denn als Sprachtheoretiker. Aber der gebürtige Südtiroler Beikircher hat dem »Volk aufs Maul« geschaut, er beherrscht sein »Mundwerk«, ist ein begeisterter Rheinländer geworden und zum »Ergötzen seiner Mitmenschen« unterwegs.
Man erfährt, dass die Kölner ja eine Art Chinesisch sprechen: Es klirrt und klappert im Mund von Beikircher, Mings, Pings, Quings verspinnen sich zu einem imaginären Dialog in einer Kölner Kneipe um ein verlorenes Portemonnaie. Eine ganze Reihe seiner Texte sind mittlerweile zu Klassikern geworden, es gibt Küchenrezepte und Anekdotisches aus der Bonner Republik. Beikircher geht zurück bis zu Napoleon, den die Kölner begeistert gefeiert hätten, weil er eben kein Preuße war, und er erzählt von seiner Zimmerwirtin, die ihn liebvoll »Schweinkopp« rief.
Der Humor des Rheinländers ist sicher manchmal gewöhungsbedürftig, aber der ehemalige Gefängnispsychologe Beikircher bricht eine Lanze für den Reichtum von Dialekten. Im Kölschen war der Genitiv schon lange vor dem Bestseller »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod« abgeschafft, man verwende alle möglichen Fürwörter, nutze das Verb »täte« und habe viele verschiedene Konsonanten, die das Hochdeutsche nicht kenne. Die »rheinischen Aborigines« seien wahre Sprachkünstler, kommen verbal auf Umwegen immer ans Ziel.
Ein Wunderwerk des Dialekts ist auch Konrad Beikircher, der bei seiner Reise durch Geschichte und Anekdotisches über Politiker und gekröntes Königspersonal leicht und locker zwei Stunden mit köstlichem Sprachwitz füllte.

Artikel vom 18.11.2006