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Papageno rechnet mit
der »Zauberflöte« ab

Gute Idee litt unter einer langatmigen Umsetzung


Von Hartmut Horstmann
Herford (HK). Mehr als 200 Jahre »Zauberflöte« und immer ist Papageno dabei. Recht einfältig ist er laut Drehbuch - dass eine Figur bei soviel befohlener Schlichtheit irgendwann gegen die eigene Rolle aufbegehrt, liegt auf der Hand. Und so holte Papageno im Foyer des Stadttheaters zum Rundumschlag aus, zur »Entzauberflöte«.
Die Idee, mit der das Theater Cosima im Mozartjahr auf Tournee geht, ist brillant - ein Monolog als Abrechnung, als Streifzug durch die Opernwelt. Schade nur, dass die Umsetzung vergleichsweise langatmig geriet. Zwar mag ein gewisser Verzicht auf schauspielerische Dynamik als gewollte österreichische Blasiertheit durchgehen, doch geht es immerhin um ein 90-Minuten-Programm. Und da wäre manche Überdrehtheit im Sinne Mozarts und damit auch des Unterhaltungswertes gewesen. Beifall auf offener Szene erhielt Darsteller Leopold Altenburg vor allem dann, wenn er Sanges-Kostproben gab - so als er sich aus dem Stegreif in die exaltierte Königin der Nacht verwandelte.
Papageno streikt und erzählt, wie langweilig die »Zauberflöte« eigenlich ist. »Lonely boy trifft lonely girl«: Dies sei die ganze Oper und alles andere sei hineingeheimnist worden, so Papageno, der eine Pension für Opernopfer anregt. Vor allem bei Wagner lohne das, »wenn man sich überlegt, was die Figuren alles durchmachen müssen«.
Papageno indes will kein Opfer sein. Die Rolle verdonnert ihn zur Schlichtheit, doch in Wirklichkeit sei er ganz anders, sagt er. Danach trommelt er wie Tarzan auf seinem Brustkasten und preist die eigenen Liebhaber-Qualitäten in Bezug auf das restliche Zauberflöten-Personal: »Ich habe sie alle gehabt.« Versuchte Entstaubung eines Klassikers nennt man so etwas wohl. Die Pointen waren von unterschiedlicher Qualität - auf jeden Fall hätten mehr Tempo und ein Mehr an Gesang gut getan.

Artikel vom 17.11.2006