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Arbeitsunfall
bleibt für Firma ohne Folgen

Keine fahrlässige Körperverletzung

Versmold (igs). Unter dem Tonnengewicht eines Holzhäcksler-Maschinenteils war der Mitarbeiter eines Versmolder Entsorgungsunternehmens vor einem Jahr begraben worden. Zweieinhalb Wochen hatte er mit Wirbel- und Rippenbrüchen im Krankenhaus gelegen. Ob die Geschäftsführer und ein Kollege eine Mitschuld an dem schweren Arbeitsunfall tragen, wurde gestern vor dem Amtsgericht Halle geklärt.

Es war gegen 10.35 Uhr an jenem Dienstag, als der damals 27-Jährige Schweißarbeiten im Inneren des Häckslers erledigte, während sein Kollege (36) auf der anderen Seite der Maschine mit der Wartung des Motors beschäftigt war. Eigentlich hätte ein Holzklotz als Sicherung angebracht werden müssen, der verhinderte, dass sich das Oberband nach unten senkt -Êein Teil eines Förderbandes, das Häckselmasse auf eine Ladefläche fördert. Ob er diesen Holzklotz als Stopper nun angebracht hatte oder nicht, konnte der heute 28-Jährige gestern, genau ein Jahr nach dem Unfall, nicht mehr sagen.
Er steckte jedenfalls in der Maschine, als sich -Êoffenbar als sein Kollege eine Tür an der Maschine zuschlug -Ê ein Hydraulikhebel in Bewegung setzte, der das Oberband nach unten absenkte - direkt auf den Mann in der Maschine. Er habe merkwürdige Geräusche gehört, erinnerte sich der Kollege an den schrecklichen Augenblick vor einem Jahr. »Ich habe die Batterie dann sofort wieder angeklemmt und das Oberband hochgefahren.« Und zwar so, dass das Schlimmste zu verhindern war. »Man kann von Glück sagen, dass Sie es noch rechtzeitig bemerkt haben«, meinte Amtsrichter Peeter-Wilhelm Pöld.
Die Frage, die das Gericht gestern zu klären hatte, war, ob der Unfall hätte verhindert werden können: Die Staatsanwaltschaft beschuldigte die beiden Geschäftsführer der fahrlässigen Körperverletzung, weil sie die Mitarbeiter nicht richtig eingewiesen und auf die Gefahren hingewiesen hätten. Auch der damalige Kollege saß auf der Anklagebank, weil er keine Sicherung angebracht haben soll, um das Absenken des Oberbandes zu verhindern.
»Wir lassen unsere Mitarbeiter nicht unbedarft an die Maschinen, sie werden geschult«, waren sich die beiden Geschäftsführer einig. Schritt für Schritt würden die Mitarbeiter aufgeklärt und auch auf die Gefahren hingewiesen. Dies bestätigten auch der 28-Jährige und sein damaliger Kollege. »Auch hätte er für diese Arbeiten nicht in das Gerät hineingehen müssen«, betonte einer der Geschäftsführer. Er sei mit der Schweißpistole nur schlecht an diese Stelle herangekommen, begründete der 28-Jährige, warum er in das Gerät hineingeklettert war. »Ich wusste natürlich, dass in dieser Situation der Holzklotz nötig ist, habe aber in dem Moment nicht darauf geachtet. Das war wohl fahrlässig von mir.«
Bis auf die Tatsache, dass sie die Gefährdungsbelehrungen der Mitarbeiter nicht wie im Arbeitsschutzgesetz gefordert schriftlich dokumentiert hatten, konnte auch ein Vertreter des Amtes für Arbeitsschutz den Geschäftsführern nichts vorwerfen. Das Verfahren gegen alle drei Beteiligten wurde eingestellt - in zwei Fällen auf Kosten der Landeskasse.

Artikel vom 16.11.2006