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Herford vor dem Feuer

Merian-Stich: Stadtführer Polster kommt zu neuen Ergebnissen

Von Hartmut Horstmann (Text)
und Jörn Hannemann (Foto)
Herford (HK). Der Blick fällt auf die alte Jakobikirche oder auf das längst verschwundene Gut Odenhusen. Viele Details erkennt der Stadtführer Mathias Polster auf dem berümten Herforder Merian-Stich. Dabei kommt der Werrestädter zu dem Ergebnis, dass der Stich älter ist als bisher angenommen.

Bei dem Kupferstich handelt es sich um eine der bekanntesten Abbildungen der Stadt Herford. Bisher galt als sicher, dass diese erstmals 1647 als Bestandteil der Topographia Westphaliae präsentiert wurde. Doch bei seinen Recherchen stieß Polster, der das Thema in einem Referat am 22. November vorstellen wird, auf eine frühere Veröffentlichung: »Die Ansicht wurde bereits 1641 publiziert - und zwar von Johann Angelius Werdenhagen in dem Band »De Rebus publicis Hanseaticis«. Bei der bisher bekannten Quelle von 1647 handelt es sich somit laut Polster um eine »Zweitverwertung«. Bei genauer Betrachtung entdeckte der Stadtführer leichte Korrekturen gegenüber der Erst-Fassung.
Besonders wichtig ist aus Sicht Polsters jedoch weniger die Neu-Datierung selbst, sondern die Erkenntnis, »dass der Stich die Stadt vor dem großen Stadtbrand 1638 zeigt«. Bisher, so der Referent, sei davon ausgegangen worden, dass die Ansicht Herfords mehr oder weniger frei komponiert worden sei. Sie entspreche nicht den tatsächlichen damaligen Verhältnissen, hieß es. Doch Polster ist hier zu einem anderen Ergebnis gekommen. Zum einen: Als ein Detail, welches seine Vor-Stadtbrand-Datierung stützt, nennt er die Jakobikirche. Diese erscheint auf dem Stich mit einem gotischen Spitzturm - eine Ansicht aus der Zeit vor dem Feuer. »Heute verfügt die Kirche über einen Zwiebelturm«, erläutert Polster.
Eine Überblicksansicht der Stadt verglich er daraufhin mit Merians Stich, der Herford aus einer Frontalperspektive zeigt. Und der Stadtführer war überrascht, wie genau sich Einzelheiten gegenseitig zuordnen lassen. Seine Folgerung: »Der Stich von Merian ist alles andere als frei komponiert. Genauer als alle anderen Stadtansichten zeigt er viele Details.« So enthält die Ansicht das alte Gut Odenhusen - an dem Ort, an dem heute das Technische Rathaus steht.
Auch den Standpunkt, von dem aus Herford zur Zeit Merians (1593 - 1650) so gesehen wurde, hat Mathias Polster nach eigenen Angaben heraus gefunden. Der Betrachter-Standpunkt befinde sich im Bereich der heutigen Ecke Bünder Straße/Sophienstraße, so der Experte.
Über die Herford-Ansicht des beliebten Kupferstechers Merian spricht Polster am Mittwoch, 22. November, ab 20 Uhr in der Aula der Volkshochschule.

Artikel vom 16.11.2006