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Die Keeper in Lauerstellung

Torwart-Rotation: Innovative Wechselspielchen beim SCW

Wiedenbrück (sba). Stürmer müssen um ihren Platz im Team bangen, wenn sie die »Bude« nicht treffen. Abwehrrecken sitzen nach einem groben Defensivschnitzer beim nächsten Spiel nicht selten wieder auf der Bank. Anders ist das im Tor. Denn dort hat die Nummer eins ihren Platz zumeist sicher. Doch beim SC Wiedenbrück 2000 ticken die Uhren anders.

Beim Verbandsligisten beschreitet Trainer Jürgen Gessat in dieser Saison nämlich einen seltenen, wenn nicht sogar innovativen Weg, was den Platz zwischen den Pfosten angeht. »Vor der Saison war mit beiden Torhütern abgesprochen, dass ich mich auf keine Nummer eins festlege. Sind beide auf Augenhöhe, wird es weiter einen Konkurrenzkampf und die Rotation geben«, erklärt Gessat seine Vorgehensweise, die er auch bei seinen anderen Trainerstationen so gehandhabt hat.
Jeden Spieltag schaut so natürlich einer in die Röhre. Der Leidtragende am vergangenen Wochenendes: Marc Kespohl. Den holte nach drei guten Spielen am Sonntag wieder die Realität in Form der harten Ersatzbank ein. »Der Trainer hat uns im Sommer gesagt, dass wir uns abwechseln. Diese Entscheidung werde ich natürlich akzeptieren«, gab sich Kespohl sportlich fair und legte nach, »obwohl ich diese Vorgehensweise in der Verbandsliga noch nie erlebt habe.«
Der SCW-Coach sieht im Konkurrenzkampf der Torhüter keinen Unterschied zu den Feldspielern, was er auch seinen Schlussmännern dargelegt hat: »Wieso soll ich mich früh auf einen Mann im Kasten festlegen, das mache ich bei den Feldspielern auch nicht. Meiner Meinung nach bringt es nichts, die Torwarte in Watte zu packen.« Entgegen kommt dem Übungsleiter dabei das gleiche Leistungsniveau von Bremehr und Kespohl. Erst wenn beide nicht mehr »Kopf an Kopf liegen, werde ich mich auf einen Mann festlegen. Aber auch das kann sich wieder ändern«, betont der Coach.
Dass die Rotation die Mannschaft insgesamt schwächt, glaubt Kespohl aber nicht: »Das Team ist stark genug, egal welche Torwart spielt, weil wir uns beide eben nicht viel tun.« So sei das Verhältnis zwischen ihm und Daniel Bremehr auch nicht schlecht, »sondern von einem gesunden Konkurrenzkampf geprägt.«
Nach Gessats Meinung ist das von ihm angewandte Prinzip der Rotation sogar entscheidend für die Leistung der Keeper. Zudem würde es ihm viel über die beiden Konkurrenten verraten. »Tut sich eben einer schwer mit genau diesem Konkurrenzkampf, dann weiß ich, dass er nicht wirklich belastungsfähig ist«, zieht »Fußball-Professor« Gessat sogar wissenschaftliche Erkenntnisse aus seinen Wechselspielchen.

Artikel vom 14.11.2006