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Wenn die Trauernden nicht zahlen . . .

Bestatter bleiben immer häufiger auf den Beerdigungskosten sitzen - Trend zum Urnengrab

Von Hubertus Hartmann
Kreis Paderborn (WV). »Denn umsonst ist nur der Tod«, ist der Titel eines Kriminalromans von Ann Granger. Ein Trugschluss. Den Betroffenen kostet er immerhin das Leben und die Angehörigen viel Geld. Und weil die Beerdigungskosten stetig weiter steigen, wird mancher Sterbefall - auch im Kreis Paderborn - zur Straftat.

»Immer häufiger bleiben wir auf den Kosten hängen«, klagt der Bürener Bestattungsunternehmer Dieter Sauerbier (36). Auch er ist bestürzt über das skandalöse Verhalten eines Paderborner Kollegen, der - wie berichtet - unlängst bei der Trauerfeier am Sarg Bargeld forderte. Ein derart pietätloses Verhalten sei nicht zu entschuldigen. Aber die sinkende Zahlungsmoral der Kunden werde zunehmend zum Problem. Manchmal müsse man tatsächlich auf Vorkasse bestehen, ohne schriftlichen Auftrag bleibe auch eine Bestattung ein unternehmerisches Risiko, verweist Sauerbier auf den ökonomischen Aspekt. »Inzwischen machen wir grundsätzlich eine Bonitätsabfrage.«
Er selbst sei schon einmal Opfer eines vorsätzlichen Betruges geworden. »Obwohl der Mann die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte und genau wusste, dass kein Geld da war, hat er uns die gesamte Bestattung abwickeln lassen und anschließend nicht gezahlt«, erzählt Sauerbier. Der Beerdigungs-Betrüger wurde zwar verurteilt, doch den Schaden hatte der Bürener Bestatter. So etwas sei ihm in 30 Dienstjahren noch nicht untergekommen, staunte selbst der Staatsanwalt.
Obwohl keineswegs weniger Menschen sterben, verzeichnet das Bestattungsgewerbe Umsatzrückgänge. Am Sarg, an der Gestaltung der Trauerfeier oder am traditionellen Beerdigungskaffee werde mehr und mehr gespart, stellt Sauerbier fest. »Die meisten Kunden holen sich inzwischen mehrere Angebote ein und vergleichen die Preise.«
»Anders als früher, wo die Menschen Geld für ihre eigene Beerdigung zur Seite gelegt hatten, werden heute vielfach die gesamten Ersparnisse durch Heimkosten im letzten Lebensdrittel aufgezehrt - Tendenz steigend.« Zurzeit gibt es noch keine gesicherte Rechtsprechung, wie viel die Sozialbehörden alten Menschen für die letzte Ruhestätte mit 30-jähriger Grabpflege lassen müssen. Die Entscheidungen der Amtsgerichte bewegen sich in einer Bandbreite zwischen 3000 und 8000 Euro. Laut Dieter Sauerbier kostet eine einfache Bestattung etwa 1300, eine größere würdevolle Bestattung rund 5000 Euro.
Begonnen habe die Misere mit dem Wegfall des Sterbegeldes vor drei Jahren. Zudem hätten viele Kommunen ihre Friedhofs- und Bestattungsgebühren drastisch erhöht. Sauerbier: »Vergangenes Jahr kostete eine Urnenbestattung in Paderborn 370 Euro, jetzt sind es 870«. Im Gegensatz zu anderen Städten und Gemeinden habe Paderborn sich aber auf Veränderungen eingestellt und trage durch einen Friedgarten und einem Gemeinschaftsfeld für Urnen der zunehmenden Nachfrage nach Feuerbestattungen Rechnung. Etwa jeder dritte Verstorbene werde auch im Kreis Paderborn mittlerweile eingeäschert, bundesweit liege die Zahl schon bei 48 Prozent. Das vor drei Jahren eröffnete Krematorium im benachbarten Diemelstadt ist bestens ausgelastet.
Selbst wenn das Geld für die Beerdigung noch da ist - um die Grabpflege will sich kaum noch jemand kümmern.

Artikel vom 14.11.2006