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Grenzen überschreiten

Neue Arbeiten von Werner Schlegel in der Artothek

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Paderborn (WV). »Nagelneue« Arbeiten präsentiert der heimische Künstler Werner Schlegel jetzt in der Galerie der »Artothek« in der Neuhäuser Schlossbibliothek.

Dass es bei der Vernissage mit Saxophonklängen von Uli Lettermann, einem Grußwort des stellvertretenden Bürgermeisters Josef Hackfort und einer fachlich-versierten Einführung von Dr. Manfred Strecker (Bielefeld) feierlich zuging, ist guter Brauch. Doch auch der Alltagsbesucher, der noch bis zum 10. Februar Gelegenheit zum Schnuppern hat, taucht in eine ungewöhnlich meditativ-festliche Aura ein. Der kleine Galerieraum im Schlosspark wirkt auf den ersten Blick fast wie eine bildmächtige Kapelle.
Fünf quaderförmige Skulpturen in gleicher Größe und in exakt gleicher Ausrichtung auf den apsishaften Erker hin, die an Grabplastiken oder auch Altäre denken lassen, generieren den »sakralen Anklang« (Strecker) des Raums. Der metallene Unterbau ist jeweils mit einer Pappelholz-Platte belegt, deren hügelige und mit Werkzeugspuren aufgerauhte Oberfläche einen lebendigen, organischen Kontrast zur Strenge des Stahls erzeugt.
Über die markanten Quader hinweg richtet sich beim Eintreten der Blick wie aus einem Raumschiff auf eine teilweise bemalte Holzkugel, die an den »blauen Planeten« erinnert. Doch die »Erde« ist kein unversehrter Himmelskörper mehr. Beim Näherkommen bemerkt der Betrachter, dass die Kugel Ecken und Kanten aufweist. Sie ist beschädigt, Teile sind von ihr abgeschlagen, und ihre Oberfläche ist nicht mehr das unter wolkiger Atmosphäre liegende Geflecht aus Meeren und Kontinenten, sondern ein verstümmelter Körper.
Schlegels »Neue Arbeiten« sind jedoch keine durchgängige Anklage, im Gegenteil: Die unterschiedlichen Werkgruppen aus jüngster Zeit beinhalten auch Meditativ-Verspieltes, zeigen sogar Witz. Wie die »Toys« (Spielzeuge) zum Beispiel. Die dreiteilige Arbeit kombiniert in immer anderen Versionen Stahlquader mit Farbfeldern und Holzstücken.
Auch der Maler kommt zu seinem Recht, wobei Schlegel als Malgrund sowohl den glatten Stahl als auch schründig-gemasertes Holz verwendet. So wirken seine drei »Bildblöcke« mit ihrer haptischen Oberflächenstruktur wie Materialbilder, die abstrakte Motivik wird entwickelt mit Acrylfarbe, Graphit und Ölkreide. Weit weniger formstreng erscheinen zwei Zeichnungen, deren »Architektur«-Motivik aufgebrochen wird durch Schraffuren, gegeneinander verschobene Fluchtlinien und frei im Raum schwebende Farbteilchen, die das Bild in Schwingung versetzen.
Der Kreis der gezeigten Arbeiten schließt sich mit vier Drucken, die von den Pappelholz-Tafeln auf den Standplastiken abgenommen sein könnten. Sie werden von Schlegel zusätzlich bemalt und bilden somit quasi das »Scharnier« zwischen den bildnerischen und den skulputuralen Arbeiten. »Schlegel ist ein Genzgänger zwischen Malerei, Grafik und Raumkunst«, fokussierte auch Strecker seine Annäherung an die jüngsten Werkgruppen des Niederntudorfer Künstlers. Auffällig sei dabei seine »immense kreative Produktivität«, durch die jede seiner Ausstellungen immer neue verblüffende Innovationen liefere.
Werner Schlegel und der Musiker Uli Lettermann kommen am Freitag, 8. Dezember (20 Uhr), in der »Artothek« noch einmal mit interessierten Besuchern zu einem »Künstlergespräch« zusammen, bei dem auch der von den beiden Ausdruckskünstlern entwickelte »Kinetokatalog« mit dem Titel »BaumKlangBilder« vorgeführt werden soll - eine Art musikalisch-filmischer Führer durch die Kunst des heimischen Bildhauers.
Geöffnet ist die Ausstellung montags, dienstags und freitags von 10 bis 17 Uhr, donnerstags von 10 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr.

Artikel vom 14.11.2006