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Putzen und pinseln statt jammern

Eltern der Klasse 1b ergreifen Eigeninitiative - und erfahren nicht nur Zustimmung

Von Kerstin Sewöster
Enger (EA). Die Wände sind grau und fleckig, die Scheiben dreckig und aus dem Loch des Oberlichts hängen Kabel. Die Eltern der Klasse 1b der Grundschule Westerenger haben sich einen freundlicheren Schulstart für ihre Kinder gewünscht. In Eigenarbeit haben sie jetzt den Klassenraum geputzt und gestrichen - und dafür nicht nur Zustimmung geerntet. Das Ergebnis wurde gestern mit einem Frühstück gefeiert.
Genau auf Augenhöhe: Die Kinder blicken auf abgeblätterte Farbe im Heizungsbereich.
Die Idee zu der Putz- und Renovierungsaktion kam den Eltern während eines Stammtischs. Unterstützt wurden sie dabei von Klassenlehrerin Inge Oltmanns. »Wir wissen, dass die Stadt kein Geld hat, wollten aber schnell eine Verbesserung für unsere Kinder«, erläutert Klassenpflegschaftsvorsitzender Franco Romolo den Hintergrund der Aktion. Als er mit seinem Vorschlag zur Schulleitung ging, erntete er jedoch keine Zustimmung, wurde auf die Zuständigkeit der Stadt verwiesen. Schulrektor Horst Siekerski wollte sich gestern auf Anfrage nicht dazu äußern.
Doch die Eltern ließen nicht locker. Ein Anruf bei der Stadtverwaltung brachte schnell unbürokratische Hilfe. Wissend um die Situation an der Grundschule Westerenger machte das zuständige Amt sofort 200 Euro »locker«. Die Eltern investierten das Geld in Farbe - und Putzmittel. Denn auch in Sachen Sauberkeit sahen die Eltern einiges im Argen. »Fünf Mal haben wir die Scheiben geputzt«, kritisiert eine Mutter. »Die müssen seit Jahren nicht gereinigt worden sein.« »Die Resonanz war überwältigend«, zieht Romolo Bilanz:
Einen Freitag und einen Samstag lang schafften ein Dutzend Helfer. Unterstützung erfuhren die Freiwilligen auch von Hausmeister Rüdiger Brammeyer. Der gewährte den Freiwilligen nicht nur Einlass sondern stellte auch Material zur Verfügung - zum Beispiel Glühbirnen, die ausgewechselt werden mussten! Der Raum der Klasse 1 b ist kaum wieder zu erkennen und hebt sich deutlich von den anderen Räumen ab. Dass die Schulklassen an der Grundschule Westerenger rotieren und im nächsten Schuljahr andere Mädchen und Jungen von dem ehrenamtlichen Engagement der Eltern profitieren, stört die Mütter und Väter der 1 b nicht. »Vielleicht macht unser Beispiel Schule.« Gebrauchen könnte es die Grundschule Westerenger: Auch in den Fluren blättert die Farbe ab, an den Scheiben kleben von Innen Tesa-Reste und von außen Vogeldreck. Klassenpflegschaftsvorsitzender Franco Romolo hofft, dass jetzt weitere Aktionen umgesetzt werden könnten, die in der Vergangenenheit ausgebremst worden seien. Der Förderverein wollte zum Beispiel einen Arbeitseinsatz auf dem Schulhof initiieren.

Artikel vom 13.11.2006