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Erster jüdischer Betraum
stammt aus 18. Jahrhundert

Gedenken an die Pogromnacht vor 68 Jahren


Lübbecke (ee). Gestern jährte sich zum 68. Mal die Pogromnacht (»Reichskristallnacht«). In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde die jüdische Synagoge von den Nationalsozialisten in Brand gesetzt. Aus diesem Anlass wird in Lübbecke seit Mitte der 80er Jahre eine Mahnveranstaltung am Gedenkstein und seit 1998 der »Weg der Erinnerung« beschritten.
Den Auftakt bildete gestern Abend ein mittelalterliches Szenenspiel vor der St. Andreas-Kirche, dargeboten von Schülern der Pestalozzischule (einstudiert von Landesarbeitsgemeinschaft Spiel und Theater NRW). Als Kulisse diente dabei der berühmte Peststein über dem Portal des Gotteshauses.
Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung führte der »Weg der Erinnerung« danach über den Marktplatz in den Steinweg 2. Musikalisch begleitet wurde der Zug von Anja Vehling auf der Klarinette. In dem Gebäude, in dem heute ein Technikgeschäft untergebracht ist, war Anfang des 18. Jahrhunderts der erste jüdische Betraum in Lübbecke eingerichtet, weiß Stadtheimatpfleger Günter Niedringhaus zu berichten. Dabei handelte es sich nicht um eine Synogoge, sondern um ein geweihtes Zimmer, das als Betraum genutzt wurde.
Sowohl an diesem historischen Ort wie auch an der nächsten Station - dem »Trauringstudio« (Haus Jocksch) in der Langen Straße, in dem später ein weiterer Betraum eingerichtet war - gaben Schülerinnen und Schüler des Wittekind-Gymnasiums geschichtliche Erläuterungen zu Gebäuden und jüdischen Bewohnern des 18. Jahrhunderts. Beide Beträume existerten übrigens nicht zeitgleich, sie waren Vorläufer der späteren Lübbecker Synagoge.
An deren früheren Standort - zwischen Farbenhaus Krämer und Buchhandlung Hehemeyer auf dem Max-Lazarus-Platz - erinnert heute ein Gedenkstein. Dort fand der »Weg der Erinnerung« seinen Abschluss. Die Wittekind-Schüler spannten dabei den Zeitbogen vom 18. bis 20. Jahrhundert.
Nach verbindenden Worten von Verena Krey, Gemeindereferentin der Katholischen Kirchengemeinde, hielt der Mindener Gewerkschaftssekretär Lutz Schäffer die Gedenkrede. Er erinnerte darin an die Zerstörung der jüdischen Synagogen, jüdischen Privateigentums und an diejenigen, die in jener furchtbaren Nacht ihr Leben durch Willkür und Gewalt verloren. Mit einer Kranzniederlegung und Schweigeminute klang die Gedenkfeier aus.

Artikel vom 10.11.2006