09.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Es hieß »töten, eliminieren und vernichten«

Großes Interesse an Vortrag zur Wannsee-Konferenz-Ausstellung im Löhner Heimatmuseum

Von Sarah Essing (Text und Foto)
Löhne-Gohfeld (LZ). »Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen.« - Dieser Satz des Auschwitz-Überlebenden Primo Levi steht für die Intention einer Wanderausstellung der Gedenk- und Bildungsstätte »Haus der Wannsee-Konferenz«.

Derzeit ist die Ausstellung im Heimatmuseum im Alten Postweg zu sehen. Im Rahmen des Begleitprogramms hielt der Direktor der Berliner Gedenkstätte Hauses, Dr. Norbert Kampe, einen Vortrag, der am Dienstagabend zahlreiche Besucher anzog. Angereichert mit großem Detailwissen sprach der Historiker und Germanist über die Wannsee-Konferenz.
Sein Hauptaugenmerk lag dabei jedoch nicht auf den eigentlichen Vorgängen während der Konferenz in der Industriellen-Villa. Vielmehr gab er einen Überblick über die Geschehnisse, die erst zu dieser Konferenz führten. Dr. Norbert Kampe gab interessante Details preis, die zum Teil erst seit der Öffnung der osteuropäischen Archive bekannt geworden sind.
Anhand von Dokumenten, Briefen und Zeitungsartikeln ließ er die Zuhörer teilhaben am Ursprung der Vernichtung von Millionen europäischer Juden: einer handschriftlichen Mitteilung Heinrich Himmlers etwa, die Juden seien grundsätzlich »als Partisanen zu behandeln«. Damit räumte Kampe auch gleich mit einem weitverbreiteten Fehlurteil auf, die Wannsee-Konferenz hätte die so genannte »Endlösung der Judenfrage« entschieden. Vielmehr sei die Wannsee-Konferenz eine Organisations-Konferenz gewesen, die das Ziel hatte, die Differenzen zwischen den zivilen und militärischen Kräften zu beseitigen. Dadurch sei es Reinhard Heydrich erst möglich geworden, die Ermordung der europäischen Juden durchzuführen.
Dr. Norbert Kampe beendete seinen Vortrag mit einer Tonaufnahme aus dem Prozess gegen Adolf Eichmann, in der noch mal eindrücklich die organisatorischen Fragen bei der Ermordung der Juden zur Sprache kamen. Eichmann sagte 1961: »Es wurde von töten, eliminieren und vernichten gesprochen.« Die Frage jedoch, die bis heute die Menschen interessiert, warum normale Männer, Ehemänner und Väter, zu mehrfachen Mördern wurden, konnte auch Dr. Norbert Kampe nicht klären. Nach seinem Vortrag stellte er sich bereitwillig den zahlreichen Fragen der Zuhörer. Sicherlich hätte er mit seinem immensen Fachwissen noch weitere zwei Stunden füllen können.
Erfreut über die rege Teilnahme zeigte sich der Initiator der Ausstellung, Stadtarchivar Joachim Kuschke. »Die Ausstellung behandelt ein wichtiges Thema, das nicht vergessen werden darf.« Damit dies nicht geschieht, wurde in Kooperation mit der Volkshochschule ein Begleitprogramm erarbeitet. Der Vortrag war der erste Teil des Programms.
l Der Film »Die Wannsee-Konferenz« unter der Regie von Heinz Schirk aus dem Jahr 1984 wird am Dienstag, 14. November, von 20 Uhr an im Heimatmuseum gezeigt.
l Und am Dienstag, 21. November, hält Dr. Norbert Sarhage von 19.30 Uhr an einen Vortrag mit dem Thema »Diktatur und Demokratie in einer protestantischen Region - Die politische Entwicklung im Kreis Herford und der Stadt Löhne 1929 bis 1953«. Der Eintritt für beide Veranstaltungen ist frei.
Die Wanderausstellung der Gedenk- und Bildungsstätte »Haus der Wannsee-Konferenz« ist so gestaltet, dass sie auch jugendliche Besucher anspricht. Joachim Kuschke hofft, dass bis zum 26. November noch zahlreiche Schulklassen die Chance zum Besuch der Ausstellung nutzen.
l Anmeldungen werden unter 0 57 32 / 31 72 oder 0 57 32 / 100-317 angenommen. Ansonsten ist die Ausstellung zu den üblichen Zeiten des Heimatmuseums oder nach telefonischer Vereinbarung zu besichtigen.

Artikel vom 09.11.2006