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Wütend über die neuen Nazis

Hardy Krüger las erneut in Paderborn - Premiere mit neuen Geschichten

Von Manfred Stienecke (Text)
und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn (WV). Mit beachtlicher Kondition und Konzentration gestaltete Schauspieler und Autor Hardy Krüger (78) am Mittwoch seinen 90-minütigen Leseauftritt im Paderborner Goerdeler-Gymnasium.

Vor rund 200 Literaturfreunden gastierte der einstige deutsche Kino-Weltstar auf Einladung der Buchhandlung Linnemann nun schon zum dritten Mal mit einer Lesung in der Paderstadt und kam erneut in Begleitung seiner Frau Anita. Dass er kurzfristig sein angekündigtes Programm geändert hatte, nahm ihm wohl niemand übel - immerhin kamen die zahlreichen Zuhörer auf diese Weise zu einer ganz besonderen Premiere.
Zu den drei Erzählungen aus eigener Feder, die der Bühnenstar mit seiner prägnanten, etwas knarzigen Stimme vortrug, gehörten zwei noch unveröffentlichte Geschichten, die im kommenden Herbst in seinem neuem Buch enthalten sein werden. »Ick probier' die Sache mal an Ihnen aus«, scherzte der gebürtige Berliner in heimatlichem Tonfall, um dann aber in feinster Bühnensprache die beiden Begebenheiten aus zwei ganz unterschiedlichen Gegenden der Welt fast hörspielreif zur Aufführung zu bringen.
In der ersten Erzählung »Anne«, die in Dublin spielt, beschäftigt sich Krüger mit der eigenwilligen Mischung aus tiefer Religiösität und traditionellem Volksglauben, die er während seiner Dreharbeiten zu »Barry Lyndon« mit Regisseur Stanley Kubrick auf der »Grünen Insel« erfahren hat. »Ich habe erlebt, dass die Iren mit Übersinnlichem leben«, führte er in seine Erzählung ein, in der Annes verflossene Männer als Raben heimkehren.
Die zweite Geschichte widmete Krüger den Indios im brasilianischen Urwald, bei denen er einige Wochen lang gelebt hat. Ihre Sitten und Gebräuche, ihre Kultur und Lebensart macht er zum Gegenstand eines Gesprächs zwischen dem Piloten eines Kleinflugzeugs und einer Journalistin, während die Maschine über diesen Urwaldabschnitt hinweg fliegt.
Als dritte Textprobe las Krüger einen bekannten Text aus seinem autobiographischen Buch »Junge Unrast«, der im Bombenhagel alliierter Luftangriffe auf Berlin am Heiligen Abend 1944 spielt. »Ich habe diese Geschichte mit Bedacht ausgewählt, weil es mich traurig und wütend stimmt, dass die Nazis wieder in die Parlamente einziehnen«, meinte Krüger im Hinblick auf die jüngsten Landtagswahlen. »Ich habe schon Gerhard Schröder aufgefordert, etwas dagegen zu unternehmen und werde auch Frau Merkel bitten, alles zu versuchen, damit diesen Verbrechern das Handwerk gelegt wird«, meinte Krüger unter dem Beifall der Zuhörer.

Artikel vom 10.11.2006