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NWD: Die Existenz
steht auf dem Spiel

Gutachten bescheinigt hohe Wirtschaftlichkeit

Von Hartmut Horstmann
Kreis Herford (LZ). Die Leitung der Nordwestdeutschen Philharmonie blickt gespannt auf die nächste Sitzung des Kreisausschusses. Denn im nichtöffentlichen Teil geht es am Mittwoch ab 14.30 Uhr um die NWD. Da der Kreistag zuvor mehrheitlich den Ausstieg aus dem Trägerverein beschlossen hat, hoffen die Verantwortlichen auf ein Signal, welches NWD-Intendant Andreas Kuntze dezent als »Modifizierung« bezeichnet.

Den Politikern, die im Kreistag sitzen, liegt jetzt ein Gutachten vor, in dem verschiedene Rechtsformen für den Verein »Nordwestdeutsche Philharmonie« untersucht werden. Dieses Gutachten bescheinigt der NWD eine große Wirtschaftlichkeit. So enthält es eine Statistik, in der die Kostendeckungsgrade von 17 Konzertorchestern im Jahre 2005 miteinander verglichen werden. Das Ergebnis: Mit fast 25 Prozent Ausgabendeckung durch eigene Einnahmen liegt die NWD auf Platz eins - bei einem Durchschnittswert von unter 15 Prozent.
Die Gutachter haben die Rechtsformen Verein, GmbH und Stiftung untersucht. In Betracht kommen laut Becker GmbH oder Verein, wobei es durch die eine oder andere Rechtsform keine finanziellen Vorteile gebe. Vor allem die Frage der Haftung ändere sich.
Die Gutachter empfehlen ihrerseits die »Umwandlung in eine GmbH unter der Maßgabe einer strengen Kapitalorientierung und wirtschaftlichen Ausrichtung der Organe«. Doch wie gesagt: Mangelnde Wirtschaftlichkeit wird der NWD auch bisher nicht bescheinigt - und so sagen Geschäftsführer Christian Becker und Intendant Andreas Kuntze: »Unser Herzblut hängt nicht an einer Rechtsform. Es geht darum, die NWD zu erhalten.«
Stichwort Erhalt - hier befürchten die Verantwortlichen von der Herforder Kreistagsentscheidung, die Mitgliedschaft im Trägerverein zum 31. Dezember 2007 zu kündigen, einen Erdrutsch. Im Gutachten heißt es: »Als direkte finanzielle Folge des Austritts ergibt sich wegen der erheblichen Veränderung der Finanzierungsstruktur aus heutiger Sicht vermutlich eine Existenzbedrohung der NWD.«
Zum einen habe es eine verheerende Signalwirkung, wenn der Standortkreis kündige, zum anderen folgten finanzielle Auswirkungen auf die anderen Trägerkommunen. Falls der Etat der NWD gleich bleibt und nicht andere - neue - Einnahmen hinzukommen, erhöhen sich die Beiträge für die verbleibenden Mitglieder ab 2008. Auch das Horrorszenario, welches sich entwickeln könnte, wird von den Gutachtern nicht verschwiegen: »Wenn der Verein seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen könnte, müsste der Vorstand die Insolvenz anmelden.«
Angesichts dieser Perspektive wundert es nicht, dass sich auch andere Trägerkommunen mit der NWD befassen. Denn sie müssten unter Umständen für die ausfallenden Beiträge aufkommen - falls der Kreis Herford nicht umschwenkt. Daher kommt die Frage der NWD-Mitgliedschaft auch in anderen Kommunalparlamenten wieder auf die Tagesordnung. Die Konsequenzen könnten laut Becker für die NWD existenzbedrohend sein.
Doch so weit soll es nicht kommen. Kuntze geht davon aus, dass sich nicht alle Kreistags-Politiker in der »spontanen Abstimmung« die Konsequenzen ihres Handelns bewusst gemacht haben: »Einige wollten uns vielleicht einfach nur anrempeln.«
In dem Beschluss haben die Politiker gleichzeitig betont, dass neue Verhandlungen mit der NWD aufgenommen werden sollen. Für diesen Schrittfolge haben Kuntze und Becker kein großes Verständnis. Es wäre besser gewesen, vorher zu verhandeln und der NWD mitzuteilen, was haushaltstechnisch noch gehe, heißt es.
Gleichwohl hofft die NWD, dass die Tür wieder etwas geöffnet wird. »Ich stehe in allen Gremien für Gespräche bereit«, sagt Andreas Kuntze. Zu allen Fraktionen - mit Ausnahme der Freien Wähler - habe er Kontakt. Seine Hoffnung: »Mögen die Politiker, die den Ausstieg beschlossen haben, sich für eine Modifizierung des Beschlusses entscheiden.«

Artikel vom 07.11.2006