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Wort zum Sonntag

Von Pfarrerin Barbara Schneider-Postzich

Barbara Schneider-Postzich ist auf dem Wittekindshof tätig.

Besondere Ereignisse gab es in der vergangenen Woche so einige. Besonders angenehm in Erinnerung ist vielen sicherlich der katholische Allerheiligentag, da er den meisten einen arbeitsfreien Tag beschert hat.
Am Tag davor aber war Reformationstag, manch' einem wahrscheinlich gar kein Begriff mehr. In einigen Gemeinden gab es am Abend Gottesdienste, ansonsten wird offenbar auch in Ostwestfalen inzwischen mehr Halloween gefeiert als alles andere.
Wie auch immer: Dem Reformationstag geschieht schlicht Unrecht. Immerhin, am 31.10.1517, »da ging noch was in Deutschland.« Da hat ein einzelner Mönch mit 95 Thesen, in denen er die Grundlagen des christlichen Glaubens deutlich machen wollte, eine Bewegung losgetreten, die die Welt verändert hat und die nicht nur Konsequenzen hatte für den kirchlichen Bereich.
Sicherlich waren die äußeren Umstände günstig für Luther, und die Zeit war einfach reif für Reformen. Aber dennoch war es eben ein einzelner Mensch, der den Mut hatte, für seine Meinung einzutreten und der bereit war, die Konsequenzen zu tragen. Und sein Reformwille kam aus seinem christlichen Glauben und aus der Überzeugung, dass nichts in der Kirche Geltung haben darf als das Wort der Bibel.
An diesem Vorgang ist wirklich alles einzigartig und erstaunlich, gerade wenn man einmal darüber nachdenkt, wer heute so alles antritt mit Thesen und Reformvorschlägen, wie fragwürdig vieles ist und ohne jedes Fundament, ganz zu schweigen von der Frage , ob überhaupt noch jemand bereit ist, die Konsequenzen zu tragen für das, was er uns so erzählt. Der Reformationstag verdient so ganz bestimmt eine Würdigung als geschichtliches Ereignis.
Aber entscheidender ist sicherlich die Bedeutung, die das Reformationsfest für unsere Gegenwart hat, auch nach fast 500 Jahren noch: Es erinnert daran , dass für den christlichen Glauben nichts Geltung haben darf als die Bibel. Es erinnert zugleich daran, sich eine gesunde Skepsis zu bewahren gegenüber jeder Art von Ideologie. Das Reformationsfest erinnert uns an das Fundament, auf dem wir stehen. Wenn man ein gescheites Fundament hat, dann hat mein Leben Stabilität. Es ruft uns auch eindrücklich ins Gedächtnis, dass der Glaube keine Haltung ist oder Einstellung, die man im Kopf hat, sondern eine lebendige Kraft, die uns befähigen will, uns einzusetzen für andere und unsere Meinung zu sagen, wo es notwendig ist.

Artikel vom 04.11.2006