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Von Kampfgiraffen
und Papst-Brüdern

Alfons fühlt Deutschen auf den Zahn

Herford (mv). Mit Schlafzimmerblick, Trainingsjacke und Puschelmikrofon begibt sich Alfons in Fußgängerzonen und auf Wochenmärkte. Die Umfrage ist sein Instrument, ein tiefer Blick in die deutsche Seele oftmals das Ergebnis. Jetzt war er erneut in Hiddenhausen zu Gast.

Sollte man beispielsweise nach den Kampfhunden auch andere Tiere, wie etwa Giraffen verbieten? - Nein? - Wie steht es mit den Kampfgiraffen? - Ja das schon eher.
Bekannt ist der gebürtige Pariser aus dem NDR-Magazin »Extra 3« und der ARD-Sendung »Verstehen sie Spaß?«. Am Freitag trat er mit seinem Programm »Die Rückkehr der Kampfgiraffen« in der ausverkauften Kleinkunstbühne der Olof-Palme-Gesamtschule auf. Er begeisterte mit einem Mix aus Videoeinspielungen seiner Umfragen und dem Vortrag seiner Erlebnisse rund um die Dreharbeiten. In der Rolle des unbeholfenen französischen Reporters wirkt er unnahbar. Während er mit der korrekten Aussprache seiner Fragen kämpft, werden diese zumeist von den Befragten uminterpretiert. Der »Durchschnittsdeutsche« scheint sich stets genötigt zu fühlen, Alfons seine Meinung über Politik und das Tagesgeschehen aufzudrücken. So fragt Alfons in brüchigem Deutsch: »Freuen sie sich, dass der Papst ein Deutscher ist?« und bekommt postwendend die Antwort, dass man sich doch freuen müsse, schließlich sei der Papst Regensburger und sein Bruder sei ebenfalls Papst. Alfons nimmt es gelassen: »In Deutschland kann man froh sein um jeden neuen Arbeitsplatz.«
Der rote Faden in seinem Programm ist die Geschichte von Heinz, einem Rentner aus Hamburg, den Alfons immer wieder bei seinen Umfragen traf und befragte. Heinz scheint es immer eilig zu haben, und so treffen sich die beiden jahrelang nur für kurze Wortwechsel.
Als Alfons beginnt, den rüstigen Rentner auf seinem Weg zum Wochenmarkt zu begleiten, entwickelt sich eine Freundschaft, und Heinz verrät Alfons seinen größten Wunsch. Noch einmal möchte er seine Schule in Berlin sehen, in die er 1922 eingeschult worden war. Rund um das Unterfangen, Heinz diesen Wunsch zu erfüllen, entwickelt sich eine gefühlvolle und komische Geschichte, die mit den kleinen Lebensweisheiten von Heinz gespickt ist.
Alfons bleibt geschickt im Hintergrund. So gelingt es ihm scheinbar spielerisch, die Gedankenwelt eines 80-Jährigen zu enthüllen, den seine Frau nach eigenen Angaben noch zu 65 Prozent liebt, der mit einem pfeifenden Schnaufen Treppen steigt und sich die Nase putzt, wenn er merkt, dass ihm die Tränen kommen.
Alfons zeigt mit seinem Programm, dass Komik nicht mit dem Dampfhammer daher kommen muss, sondern schon in den vielen kleinen Facetten des Alltags steckt. Seine Aufgabe besteht darin, uns mit seinen Suggestivfragen den Spiegel vorzuhalten - und dafür muss man ihn mögen.

Artikel vom 06.11.2006