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Musik wie aus 1001 Nacht

»Sarband« sorgt für außergewöhnliche Klänge im Meisterkonzert

Gütersloh (WB). Die Gütersloher Meisterkonzerte waren bislang zumeist der abendländischen Orchester- und Kammermusik vorbehalten. Die Entscheidung, die »Sarband« mit ihrem Programm »Sepharad - Lieder der spanischen Jugend« zum dritten Meisterkonzert in die Gütersloher Stadthalle einzuladen, darf daher durchaus als mutig, zumindest aber unkonventionell bezeichnet werden.

Demzufolge war der Saal zwar nicht so gut besetzt wie üblich, was aber dem Erfolg des Abends keinen Abbruch tat und dazu ermutigen sollte, auch in der kommenden Konzertsaison zumindest einen Termin für Musik aus einer anderen Kultur zu reservieren.
Sarband wurde 1986 vom heutigen Ensembleleiter Dr. Vladimir Ivanoff gegründet. Der Name stammt aus der persischen Musiktheorie und bezeichnet die improvisierte Brücke, die zwei Kompositionen miteinander verknüpft. In Gütersloh präsentierte sich das vielköpfige, multinationale Sarband-Projekt als Quartett, dem neben Vladimir Ivanoff (Deutschland und Bulgarien/Oud und Perkussion) auch noch Fadia El-Hage (Libanon/Gesang), Ahmet Kadri Rizeli (Türkei/Kemece und Perkussion) sowie Bahadir Sener (Türkei/Kanun) angehörten.
Sie präsentierten die Lieder der sephardischen Juden, deren alte Geschichten zwar meist in spanischer Sprache gesungen, durch die islamische Herrschaft über die iberische Halbinsel seit 711 aber musikalisch zumeist durch arabische Instrumente und Skalen geprägt wurden. Dementsprechend hatte Vladimir Ivanoff die Instrumentalisierung der Sarband gewählt: Er selbst sorgte mit der Oud, einer orientalischen Laute, für einen dezenten Rhythmus. Charakterisierend für die Musik der Sarband sind jedoch zum einen die Kemece, einer Miniaturgeige nicht unähnlich, die einen näselnden, für arabische Musik typischen Klang erzeugt, sowie das virtuose Kantun, das wie eine Zither gespielt wird, klanglich jedoch an die Harfe erinnert.
Für die meisten Konzertbesucher werden diese Klangfarben wie Musik aus 1001 Nacht gewirkt haben - ein Eindruck, der von dem wunderschönen, orientalisch modulierten Gesang von Fadia El-Hage noch einmal deutlich unterstrichen wurde. Sie erzählte dem anfangs skeptischen, schon bald aber aufgeschlossen bis neugierig lauschenden Auditorium die zum großen Teil seit Jahrhunderten mündlich überlieferten Geschichten der sephardischen Juden - darunter Hochzeitslieder und Schlaflieder mit moralischem Anklang, welche die jüdischen Frauen daheim ihren Kindern vorsangen und so die Tradition bewahrten, die der Musikforscher Dr. Vladimir Ivanoff an diesem Abend in der Stadthalle vorstellte. Ein Experiment, fürwahr, dessen positiver Ausgang sich am herzlichen Applaus ablesen ließ. Bleibt zu hoffen, dass demnächst bei derartigen Konzerten der ein oder andere Stammgast mehr als diesmal den Weg in die Stadthalle findet.
Collin Klostermeier

Artikel vom 03.11.2006