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Große Greifvögel können sogar Rehe erbeuten

1500 Falkner gehen in Deutschland auf Beizjagd - Beutetiere können oftmals entkommen


Billerbeck (dpa). »Adler frei!« Der Ruf von Falkner Oliver Peipe (39) hallt über die sanften Hügel von Billerbeck im Münsterland. Mit kräftigem Flügelschlag nimmt Steinadler Artur die Jagd auf, fixiert einen Feldhasen, doch der schlägt plötzlich einen Haken, und Artur landet auf dem staubigen Acker.
Einmal entwischt wird dem Hasen kein zweiter Vogel auf den Pelz geschickt. Das ist Falkner-Ehre. Mit Futter lockt Peipe den gefiederten Jagdkumpan zurück auf seinen linken Arm, der mit einem dicken Lederhandschuh geschützt ist. Seit 20 Jahren ist Peipe Falkner. Aus seiner brandenburgischen Heimat Rathenow ist er nach Westfalen gereist, um drei Tage lang auf Beizjagd zu gehen - so nennen die Waidmänner die Jagd mit Adler, Falke und Habicht. In grün-beige gefleckter Tarnjacke und schwarzen Gummistiefeln stapft er an diesem sonnigen Herbsttag über den Acker.
Etwa 1500 Falkner gibt es in Deutschland. Statt mit Flinte gehen sie mit abgerichteten Greifvögeln auf die Pirsch, jagen Fasane, Kaninchen, Füchse, Enten und Krähen. Einige große Greifvögel könnten sogar Rehe erbeuten, wie Falkner Hannes Lenhart versichert. Mit seinem sechsjährigen Steinadler Xaver bejagt er ein kleines Revier am Chiemsee (Bayern). Die Falkner selbst sprechen von einer besonders natürlichen Form der Jagd, weil das Wild eine gute Chance hat zu entkommen - wie sich auch an diesem Tag immer wieder zeigt.
Mit ihren Vögeln pflegen Lenhart, Peipe und ihre Kollegen eine jahrtausendealte Tradition. Denn die Beizjagd gilt als eine der ältesten Jagdformen. Bereits vor gut 4000 Jahren sollen Nomaden in Asien auf diese Art gejagt haben. Nach Europa gelangt, wurde sie vor allem von Adligen und kirchlichen Würdenträgern ausgeübt und so zu einem Symbol von Reichtum und Macht. Wer heute in Deutschland mit Greifvögeln jagen will, muss sowohl die Jäger- als auch die Falknerprüfung ablegen. »Das ist eine Lebensphilosophie«, bekennt Falkner Peipe zu seinem Hobby: »Alles ordnet sich dem Tier unter.«

Artikel vom 03.11.2006