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Mit 16 schon
auf der Pirsch

Victoria ist jüngste Jägerin in OWL

Von Jörn Hannemann
Herford (HK). Erst 16 Jahre - und schon ein echter Grünrock: Victoria Quellmalz ist die jüngste Jägerin in Ostwestfalen und eine der jüngsten im gesamten Land. Kurz vor ihrem 16. Geburtstag hat die Herforderin vor wenigen Wochen die schwierigen und anspruchsvollen Prüfungen bestanden.

»Was ist das vermehrungsfreudigste Schalenwild?« - Während viele bei dieser Frage nur hilflos mit den Schultern zucken, weiß Victoria die Antwort ohne lange zu überlegen. »Wildschweine - ist doch klar.«
Dabei ist Victoria eigentlich eine ganz normale Jugendliche. Sie besucht die elfte Klasse des Ravensberger Gymnasiums, liest gerne, nimmt Tanzunterricht und arbeitet ehrenamtlich in einer Jungschar-Gruppe mit.Ê Auch in ihrem Zimmer sieht es aus wie in tausend anderen Teenager-Räumen - gäbe es da nicht die vielen Bücher wie »Greifvögel und Eulen«, »Kulturgut Jagd« oder »Waffenkunde«. Sie sind Teil eines ungewöhnlichenÊ Hobbys für Frauen und eines noch viel ungewöhnlicheren Hobbys für ihre Altersklasse.
»Ich hatte schon immer ein großes Interesse an Biologie. Und ich habe mich stets für den Naturschutz eingesetzt«, betont Victoria. Während andere Altersgenossen jedoch berühmte Fußballspieler oder Popstars werden wollten, beschloss Victoria mit 15 Jahren, das grüne Handwerk zu erlernen. Die Idee zu realisieren, erwies sich jedoch als gar nicht so leicht, da selbst »erwachsene« Köpfe für das so genannte »grüne Abitur«, monatelang büffeln müssen.
An der Prüfung nahmen insgesamt zwölf Anwärter teil. »Lediglich zwei waren jünger als 20 Jahre, alle anderen waren über 30 - und ich war unter all den Männern die einzige Frau«, erzählt die Jungjägerin.
Probleme hatte die wissbegierige Gymnasiastin jedoch nur beim Schießen: »Von zehn Tontauben traf ich lediglich zwei«, erzählt Victoria. Zu wenig. Ehrgeizig begann sie für die Nachprüfung zu trainieren, drei Monate lang, mehrmals in der Woche - mit Erfolg.
Einen erfahrenen Ausbilder und Mentor fand sie in Heinrich Worminghaus (66) aus Vlotho-Exter, der seit über 40 Jahren erfahrener Jäger ist. Er erklärte der jungen Frau Flora und Fauna und brachte ihr das Schießen mit Flinte und Schrot bei.
Der 66-Jährige ist begeistert von seiner Schülerin: »Keine kann so gut Tierstimmen imitieren wie Victoria.« Wenn sie beispielsweise die Rufe eines Waldkautzes nachahme, könne sie das Tier ganz nah ranlocken. Wenn sie auf dem Hochsitz sei, beobachte sie die Tiere hochkonzentriert.
Ihre Eltern haben mit der Welt der Jagd und Fährten übrigens weniger gemeinsam, als man vielleicht denken mag. Mutter Petra ist gelernte Gymnastik-Lehrerin, Vater Ulrich ist Chefarzt am Herforder Klinikum.
Das Alter erfordert jedoch auch Auflagen: Eine Waffe alleine führen, darf die Minderjährige trotz Jagdschein nicht. Das ist laut Waffengesetz erst mit 18 Jahren erlaubt. Wenn sie zur Flinte greift, muss stets ein weiterer erfahrener Jäger sie begleiten. Außerdem darf sie Schusswaffen nicht zu Hause lagern und an Treibjagden teilnehmen. Victoria: »Das ist aber nicht schlimm. Mich interessiert am meisten eh der Naturschutz.«

Artikel vom 04.11.2006