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Demütigung als Film im Internet

Gymnasiasten erniedrigen einen Mitschüler - Kripo und Staatsschutz ermitteln

Von Thomas Hochstätter
Löhne (LZ). Zwei Zwölftklässler des Löhner Gymnasiums haben einen betrunkenen Mitschüler bei einer privaten Party erniedrigt und gedemütigt. Videoaufnahmen davon sind im Internet aufgetaucht. Neben der Kriminalpolizei ermittelt auch der Staatsschutz - unter anderem, weil die Täter in einem anonymen Schreiben als rechtsextrem bezeichnet wurden.

Die Schulleitung hat am Freitag mehr als 300 Oberstufenschüler in der Aula über den Fall unterrichtet. Schulleiter Jürgen Bollmann, sein Stellvertreter Uwe Bastemayer und Jahrgangsstufenbegleiter Andreas Mertens erklärten im LZ-Gespräch, es sei nicht geplant, die Täter von der Schule zu verweisen. Vielmehr müsse man sich der Herausforderung stellen und den Vorgang mit der Schülerschaft gemeinsam aufarbeiten. »Wir sind an einer lückenlosen Aufklärung interessiert«, stellte Uwe Bastemayer fest. Gemäß dem Leitbild der Schule fühle man sich der Menschenwürde und Toleranz verpflichtet. Die Schulleitung war nach eigenen Angaben unabhängig von dem anonymen Brief auf das Video auf der Internet-Filmplattform www.youtube.com aufmerksam gemacht worden. »Der Film ist dort Donnerstag entfernt worden«, erklärte Uwe Bastemayer.
In dem Streifen sieht man, wie der Elftklässler, offensichtlich unter Alkoholeinfluss, minutenlang sexuellen Anspielungen und Beleidigungen seiner Person und seiner Eltern ausgesetzt ist. Immer wieder sind neben den mutmaßlichen Tätern auch weitere Jugendliche zu erkennen, die jedoch nicht einschreiten. Das Ganze soll sich gestern vor zwei Wochen bei einer Art Cocktailparty in einem privaten Blockhaus zugetragen haben.
Weil auch unter diesen untätigen Zuschauern Löhner Gymnasiasten sein sollen, will die Schulleitung die Aufarbeitung möglichst breit anlegen. Ziel seien jedoch nicht Sanktionen, sondern verstärkte Wertevermittlung.
Erschütterung war bei Schülern wie Lehrern am Freitag deutlich zu spüren. Uwe Bastemayer fasste es so in Worte: »Eine Tat unter Alkoholeinfluss ist das eine. Später im nüchternen Zustand ein Video davon zu veröffentlichen, das ist eine ganz andere Qualität.«
Wie die Schulleitung erklärte, sei man mit den Eltern aller Beteiligten im Gespräch.
Löhner Lehrer und Bielefelder Staatsschutz gleichermaßen interessiert noch ein weiterer Aspekt: In dem anonymen Schreiben, möglicherweise von einem Schüler verfasst, war von »ultra-rechten Übergriffen am SGL« die Rede. Die Täter, so hieß es darin weiter, »wurden wegen ähnlicher Vorfälle schon mal verwarnt É Wir trauen uns alle nicht, von weiteren Vorfällen zu berichten - aus Angst vor den Folgen. Die extrem rechte Haltung einiger und dieser Schüler ist ja längst bekanntÉ«
Dazu erklärte Uwe Bastemayer, die Schulleitung sei in der Tat über vermeintlich rechte Äußerungen bei einer privaten Schülerfeier zum vergangen Jahreswechsel informiert worden. Danach habe man den Betreffenden deutlich gemacht, dass Derartiges am Gymnasium nicht hingenommen werde.
Wie der Vorfall von den Ermittlern eingeschätzt wird, war am Freitag nicht zu erfahren. Man wolle sich bis zur kommenden Woche bedeckt halten, hieß es aus der Kreispolizeibehörde. Die beiden mutmaßlichen Täter waren am Freitag angehört worden.

Artikel vom 04.11.2006