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Initiative macht Front: »Seveso« im Hochstift?

Neue Bürgerbewegung gegen die Müllverbrennung in Mönkeloh am Rande der Südstadt

Von Bernhard Liedmann
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Der Bürger-Protest gegen eine Müllverbrennungsanlage (MVA) im Paderborner Gewerbegebiet Mönkeloh verschärft sich: Rund 100 Bürger gründeten gestern eine Bürgerinitiative. Jetzt sollen Demonstrationen und andere Aktionen folgen.

Geplant ist in Mönkeloh ein von den Unternehmen Stute und Stratmann betriebenes Heizkraftwerk mit einer Jahresleistung von 60 Megawatt (wir berichteten). Der Brennstoff ist Müll, knapp 115 000 Tonnen sollen pro Jahr hier verheizt werden. Doch gegen das, was aus einem Schornstein in einer Höhe von 94 Metern herausqualmen soll, hatten am Montagabend etwa 100 Bürger erhebliche Sorgen. In der Halle des Tischlereibetriebes von Hubert Osterholz, nur 50 Meter von dem Areal entfernt, wurde die parteiungebundene Bürger-Initiative »Keine MVA in Mönkeloh« gegründet. Initiatoren des Treffens waren neben den Bündnisgrünen, die freie Wählergemeinschaft Borchen und Naturschutzverbände. Bislang tagte zu dem Thema nur ein Arbeitskreis, jetzt solle es eine breite Protest-Bewegung werden.
Vertreter der Initiatoren bündelten nochmals die Kritik: Nur ein Viertel des Mülls werde aus Paderborn kommen, der Rest werde mit täglich 50 Lkw herangeholt. Bei der geringen Verbrennungstemperatur und dem einfachen Filtersystem bestehe sogar die Gefahr, dass Dioxin freigesetzt werde. Die »vorbildliche« MVA in Bielefeld habe beispielsweise ein achtfaches Filtersystem, befürchten viele eine Luftverschmutzung in der Südstadt. Da nach Naturschützer Fritz Buhr ein Großteil der Emissionen erst im Abstand von 1500 Metern herunterkomme, seien entsprechend der Luftrichtung vor allem Frauenklinik, Kindergärten und die Universität betroffen. Wegen der Auswirkungen auf den Flugverkehr, so Buhr, habe auch der Flughafen Haxterberg bereits Bedenken angemeldet. Die Kurorte Bad Lippspringe und Bad Wünnenberg, so ein weiteres Ziel der Initiatoren, sollten ebenfalls »mit ins Boot« geholt werden.
Nach Informationen von Reinhard Menne und Horst Schulze-Stieler von den Bündnisgrünen und der FWB, ist der Errichtungsantrag für die Anlage am Wochenende beim Staatlichen Amt für Umwelt- und Arbeitsschutz in Bielefeld eingegangen. Dann folgt das Prüfungs- und Genehmigungsverfahren, das voraussichtlich mehr als sieben Monate dauern wird. Zur Bewertung der Unterlagen will die Stadt Paderborn einen Gutachter einschalten. Der Bauausschuss der Stadt entscheidet am Donnerstag. Es sollen die Universität und das Westfälische Umweltzentrum sein. Die Bürgerinitiative bestimmte einen zwölfköpfigen Sprecherrat, der weitere Aktionen steuern wird.

Artikel vom 31.10.2006