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Innere Werte sind wichtig

Brotprüfung der Bäckerinnung im Altenzentrum Wiepeldoorn

Schloß Holte-Stukenbrock (kl). »Das war am Donnerstag schon schön, als das frische Brot angeliefert wurde. Durch das ganze Haus ist der Duft gezogen«, ist Wolfgang Willmanowski, Leiter des Altenzentrums Wiepeldoorn, immer noch begeistert. Zum ersten Mal ist die Bäckerinnung in seinem Haus zu Gast, um dort ihre jährliche Brotprüfung zu veranstalten.

Ein bisschen hat das Haus das auch Bäckermeister Klaus Wittenborg zu verdanken, der im Wiepeldoorn das Café betreibt. Karl-Ernst Schmalz aus Bocholt, der seit 19 Jahren Brotprüfungen im Auftrag der Bäckerinnungen durchführt, hatte gestern Vormittag bereits einige Gespräche mit Hausbewohnern geführt, die zum Thema Brot eigene Erinnerungen beisteuern konnten. Auch nach dem Abschluss der Prüfung profitierten die alten Leute von der Veranstaltung. Traditionell werden die geprüften Brote dann nämlich verschenkt.
Insgesamt habe das Brot aus deutschen Backstuben einen hohen Qualitätsstandard, sagt Axel Glasenapp, Obermeister der Bäckerinnung des Kreises Gütersloh. Viele Bäcker reichten auch bewusst Brot nach neuen Rezepten ein, um vom Fachmann zu erfahren, ob das Produkt in Ordnung ist. »Jeder Bäcker will sich absetzen.« Deshalb verwende heute kaum noch einer industriell hergestellte Brotmischungen. Dies sei auch der entscheidende Unterschied zum Brot aus dem Supermarktregal.
Karl-Ernst Schmalz begutachtet das Brot zunächst mit den Augen. Ist die Form gleichmäßig? Ist die Kruste eventuell aufgeplatzt, zu hell oder zu dunkel? Er bewertet die Konsistenz und das Porenbild. Sind die Poren gleichmäßig, krümelt das Brot beim Schneiden, ist es mehr oder weniger elastisch. Am Ende muss er sich auf seinen Geruchs- und Geschmackssinn verlassen, wenn er die Nase regelrecht in Brot steckt und danach auch ein wenig vom Brot probiert und kaut, denn: »Wichtig sind die inneren Werte.« Anhand aller Kriterien kann der Brotprüfer schließlich feststellen, ob der Bäcker alles richtig gemacht hat, oder ob er den Teig zu kalt oder zu warm verarbeitet, die richtige Menge Hefe oder Sauerteig verwendet und die Backzeit eingehalten hat.
Von den 48 Bäckermeistern, die zurzeit der Bäckerinnung des Kreises Gütersloh angehören, haben 15 gestern an der Brotprüfung teilgenommen und insgesamt 52 Brote eingereicht. Davon schnitten am Ende 18 mit »Sehr gut« und 14 mit »Gut« ab, das sind zusammen 60 Prozent. 13 Brote, also ein Viertel, erreichten ein »Zufriedenstellend« und 7 Brote (13 Prozent) bekamen die Note »Verbesserungsbedürftig«.
Übrigens hat sich nach Einschätzung von Karl-Ernst Schmalz der Geschmack der Deutschen in den letzten Jahren nicht wesentlich geändert. Von regionalen Besonderheiten abgesehen, gehe der Trend ganz leicht zu einem höheren Roggenanteil, also dunklerem Brot. Auch der Vollkornanteil sei leicht gestiegen. Vielleicht eine Folge des sich verändernden Gesundheitsbewusstseins. So viel ist sicher: »Brot macht nicht dick.« Denn sonst wäre Karl-Ernst Schmalz im Rahmen seiner Tätigkeit schon auseinander gegangen wie ein Hefeteig.

Artikel vom 28.10.2006