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Baskets wie Berlin -
es fehlt an Konstanz

Schwer arbeitender Aufsteiger ohne Chancen

Von Elmar Neumann
Berlin (WV). Auf dem Spielfeld waren die Verhältnisse äußerst eindeutig. 92:77 - diese Zahlen lügen nicht. Die Hausherren hatten das Geschehen in der Max-Schmeling-Halle nahezu nach Belieben im Griff. Nach der Schlusssirene indes lagen sie gar nicht so weit auseinander, der große Meisterschaftsfavorit und der große Außenseiter. Da formulierten Berlins Trainer Henrik Rödl und sein Paderborner Pendant Douglas Spradley Analysen mit einigen Parallelen.

Woran sowohl das hoch bezahlte Starensemble von der Spree als auch die talentierten Underdogs von der Pader in den kommenden Wochen am intensivsten arbeiten müssen? An der Konstanz. »Phasenweise waren wir sehr konzentriert, aber dann gab es da auch wieder einige Dinge, die mir nicht so gefallen haben«, sagte Ex-Nationalspieler Rödl, was auch Ex-Erstligaspieler Spradley nicht besser hätte in Worte fassen können. Allein der Kader der Albatrosse ist derart hochkarätig besetzt, dass sich ähnlich klingende Bilanzen nicht auch in einer vergleichbaren Korbbilanz widerspiegelten.
Das 77:92 in dieser vom achten Spieltag vorgezogenen Partie - das war für die Baskets nicht nur die bislang höchste Niederlage, sondern auch die dritte in Serie und doch führt der Neuling die Basketball-Bundesliga in diesen Tagen in einer Statistik an. Sieben Spiele in 26 Tagen: So oft stand noch kein Konkurrent auf dem BBL-Parkett. »Das ist die größte Umstellung für uns. In der 2. Liga haben wir neun Monate lang nur ein einziges Spiel pro Woche bestritten. In der 1. Liga werden wir in dieser Anfangsphase alle drei Tage gefordert. Das ist schon hart«, sagt der Paderborner Übungsleiter, dem nun vier Tage für die Vorbereitung auf die nächsten 40 Minuten zur Verfügung stehen. Bereits am Sonntag (17 Uhr, Energy-Dome) erwartet der amtierende Deutsche Meister RheinEnergie Köln den Novizen zum achten Saisonspiel. Es bleibt abzuwarten, wieviel Energie die Spradley-Schützlinge in diesem weiteren vermeintlich ungleichen Duell noch freisetzen können. Um nicht völlig ausgelaugt am Rhein aufzulaufen, wechselte der Coach in Berlin kräftiger durch denn je: So nutzte Daniel Lieneke (»ALBA hat immer dann Gas gegeben, wenn es nötig war«) seinen 16-minütigen Einsatz für seinen ersten Feldkorb in der neuen Liga und auch Martin Duggen waren wieder vier Minuten vergönnt, für die er sich standesgemäß mit seinem dritten BBL-Dreier bedankte. Geschont wurde nicht zuletzt Steven Esterkamp, der es seinem Trainer aber auch nicht besonders schwer machte, ihm außergewöhnlich viel Bankzeit zu gönnen: »Steven hat einfach nicht gut getroffen. Warum soll ich ihn dann noch mehr Energie verschwenden lassen?« In Zahlen ausgedrückt: Für Esterkamp, der sich mit sechs Punkten und einer Wurfquote von 25 Prozent zu begnügen hatte, sprang Reggie Golson in die Bresche, der mit 19 Punkten (57 Prozent) ein zweites Mal zum Baskets-Topscorer avancierte. »Steven und Reggie ergänzen sich sehr gut. Wenn der eine einen schlechteren Tag erwischt hat, hilft der andere aus. Steven hat viele Minuten in den Beinen und war zudem verletzt. Da hat ihm die Zeit auf der Bank ganz gut getan«, so der Coach.
An Esterkamps Wurfquote lag es ohnehin nicht, dass der Außenseiter dem souveränen Favoriten zu gratulieren hatte, wie Spradley offen eingestand: »Wir hatten zwölf Ballverluste, Berlin zehn Steals - das sind zu viele Fehler, um gegen ein solches Topteam eine Chance zu haben. ALBA hat jeden Fehler eiskalt bestraft und wir haben wieder Lehrgeld bezahlt.«
Zurück zu den Parallelen: Zum Glück für die Gäste zählen auch die Albatrosse zu den schwer arbeitenden Vertretern dieser Liga. Berlin spielt schon heute in Gießen und am Montag im ULEB-Cup in Siena - drei Spiele in sechs Tagen, die auch Rödl veranlassten, die Kräfte der Seinen zu schonen. So gab es für tapfere Paderborner keine herbe Abfuhr, sondern das gute Gefühl, das letzte Viertel mit 25:20 gewonnen zu haben.
ALBA Berlin: Herber (4/ein Dreier), Owens (15/1), Greene (16/3), Jenkins (14/1), Chanak (5/1), Simon (3/1), Archibong (8), Avery (5), Ford (12), Boumtje Boumtje (10).
Paderborn Baskets: Gipson (16/2), Lieneke (3/1), Hurd (8), Duggen (3/1), Nolte (6), Esterkamp (6), Golson (19/1), Collins (11/1), Patton (5).
Zuschauer: 5149.

Artikel vom 27.10.2006