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Stadt muss Gürtel ganz eng schnallen

Verwaltungsspitze stellt Haushaltsentwurf für 2007 vor - Steuersätze stabil -ĂŠkaum Investitionen

Von Oliver Horst
Versmold (WB). So eng wie wohl nie zuvor wird die Stadt im kommenden Jahr den Gürtel schnallen müssen. Das wurde gestern bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs durch Bürgermeister Thorsten Klute und Kämmerer Andreas Pöhler deutlich. Die gute Nachricht für Bürger und Unternehmen: Die Steuersätze sollen nicht steigen.

Weder Stadtring noch Schulen spielen bei den Investitionsplänen für 2007 die Hauptrolle. Als größte Maßnahme ist für 200 000 Euro eine Baustraße für das Neubaugebiet an der Kämpenstraße vorgesehen! Das sagt viel über die neue Wirklichkeit und Sparzwänge aus. Zugleich ist auch ein deutlich geringerer Griff in Höhe von einer Million Euro (2006: 2,1 Mio.) in die Rücklage und eine geringe Kreditaufnahme von 350 000 Euro geplant, um den Haushalt auszugleichen. Für Luft sorgt eine Landeszuweisung von 750 000 Euro.
Von einem »Wendepunkt« in der Finanzpolitik sprach Bürgermeister Thorsten Klute in der Ratssitzung: »Die jahrzehntelang landläufige Annahme, dass mit immer neuen kreditfinanzierten Investitionen das Wachstum immer weiter wachse, war unzutreffend. Geblieben ist eine riesige Schuldenlast.« Diese Situation schlage zunehmend auf alle Kommunen in Form von »Kürzungen von oben« durch. Versmold spüre dies vor allem durch Kürzungen und Mehrbelastungen auf Landesebene. »Unterm Strich steht bei uns unter Berücksichtigung von Mehrkosten durch das Arbeitslosengeld II und die gestiegene Kreisumlage die Summe von jährlich einer Million Euro, ohne dass wir mehr Angebote oder Leistungen vor Ort haben.«
Den Herausforderungen werde sich die Stadt aber stellen. »Wir müssen an vielen Stellen kürzen«, sagte Klute. Diese Situation habe auch ihren Reiz und biete Chancen. Als Paradebeispiel führte Klute die Neuausrichtung des Personenverkehrs an: »Bei Anrufsammeltaxi und Taxibus haben wir jährlich einen Verlust von 24 000 Euro abgedeckt, der mit jeder Fahrt stieg. Mit dem Bürgerbus schaffen wir jetzt dank engagierter Menschen ein besseres Angebot und rechnen nur noch mit einem Defizit von etwa 5000 Euro, das kleiner wird, je stärker das Angebot genutzt wird.« Bessere Leistung für weniger Geld werde aber nicht immer möglich sein. Klute: »Es werden auch Standards abgebaut werden müssen.«
Der Bürgermeister stellte die Bedeutung der »starken Unternehmen« vor Ort heraus, dank derer die Arbeitslosigkeit im Jahresvergleich um ein Viertel abnahm. »Bei unseren Gewerbesteuereinnahmen hat sich der Aufschwung leider nicht bemerkbar gemacht. Das hängt auch mit dem Branchenmix zusammen«, stellte Pöhler fest. Mit dem interkommunalen Gewerbegebiet wolle man hieran arbeiten. Die Gewerbesteuereinnahmen sollen 2007 mit 9,1 Millionen Euro knapp den Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre erreichen. »Auf der Ausgabenseite haben sich in dieser Zeit etwa bei der Kreisumlage aber deutliche Steigerungen ergeben«, zeigt Pöhler das Dilemma auf.
Als eine Möglichkeit für neue Gestaltungsräume stellte Klute den Verkauf städtischer Wohnhäuser in den Raum. 17 Objekte mit 50 Wohnungen stünden zur Disposition. Eine politische Entscheidung sei auch die Frage der Kreditaufnahme von 350 000 Euro. »Die wird nur bei einer Entscheidung für eine weitere Wohnbauland-Entwicklung notwendig sein. Mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung bleibt zu entscheiden, das Projekt zu verschieben oder darauf zu verzichten.«
Ob der eingeleitete Sparkurs ausreicht, dauerhaft den Weg in die Haushaltssicherung zu vermeiden, vermochte Kämmerer Pöhler nicht zu sagen. Unklar sei noch, wie die städtische Finanzlage nach dem neuen Haushaltssystem »NKF« von 2008 an aussieht.

Artikel vom 27.10.2006