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Sehr »eigenwillige Kreationen«

Elisabeth Lumme zeigt im Widukind-Museum von heute an »Rauminstallationen«

Von Volker Zeiger (Text und Foto)
Enger (EA). Erklärungen sind nötig bei der Ausstellung, die von heute Abend an im neu konzeptionierten Widukind-Museum gezeigt wird: »Rauminstallationen« von Elisabeth Lumme. Sie betitelte sie »Im guten Glauben«.

»Es ist eine eigenwillige Ausstellung«, kommentierte Museumsleiterin Regine Krull gestern einführend, als Lumme ihre fünf Objekte beschrieb. Da steht eine Kirchenbank im Raum, auf der aufgeschlagene Gesangbücher liegen. Von einer darüber angebrachten Schiene hängen stilisierte Hände herab, die sich gleichzeitig hin und her bewegen und in den Büchern blättern. »Die Bücher werden gequält«, sagte Lumme, »für mich ist das ein sinnbildlicher Prozess«, genauso wie das, was die Büßerbank vermittelt. Über ihr »hängt« ein schwarzer Sack, dessen Oberseite von Geißeln drangsaliert wird. Es sei ein ironisches Bild, das mit religiösen Zwängen zu tun habe, erklärte Lumme.
Weitere Sinnbilder: Auf dem Boden verstreut liegen 12 Kunststoffköpfe, in denen Pappnägel stecken. Dutzende Orgelpfeifenstücke befinden sich ebenfalls auf dem Boden. Aus einigen aufrecht stehenden Pfeifen ertönt ein Akkord. Ein »stilles Objekt«, das vor dem Eingang zum Ausstellungsraum im Obergeschoss steht, soll eine Handgranate symbolisieren. Der Korpus ist mit Gesangbüchern dekoriert.
Vor zwei Jahren hatte Museumsleiterin Regine Krull den Kontakt zur Künstlerin, die aus Melle (Landkreis Osnabrück) stammt, geknüpft, um im Museumseröffnungsjahr eine Kunstausstellung zu präsentieren. »Wir machten uns Gedanken, wie eine themengebundene Ausstellung aussehen könnte und wie die Rezeption der Widukindgeschichte mit künstlerischen Mitteln dargestellt werden kann«, erklärte Regine Krull. Das Widukind-Museum zeigt bekanntlich den Werdegang des Sachsenherzogs auch in Hinsicht auf die Kriege der Sachsen gegen die katholischen Franken. »Das erste, was mir in den Kopf kam, war meine eigene Christianisierung«, beschrieb Lumme die Entstehung der Exponate. »Religiöse Zwänge« auf der einen, »gequälte Bücher« auf der anderen Seite spiegelten ihre persönliche Herangehensweise an das Thema. Die mit Nägeln gespickten Köpfe sollen zeigen, wie während der Ersten Weltkrieges versucht wurde, an Geld zu kommen. Künstler bildeten Figuren der Geschichte ab, in welche gegen Geld Nägel geschlagen werden durften. So gab es ein Bild Karls des Großen, das verunstaltet wurde. Die Plastikköpfe im Widukind-Museum ähneln weder ihm noch jemand anderem.
n Die Ausstellung wird heute um 19.30 Uhr eröffnet. Am 30. November, 20 Uhr, spricht Jan Hoet (MARTa Herford). Sein Thema: »Wozu zeitgenössische Kunst in einem historischen Museum?«

Artikel vom 27.10.2006