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»Menschen wieder ein Gesicht geben«

Jost Wedekin hat die Geschichte der Juden in Haaren recherchiert - Gedenkstein erstellt

Von Heinz-Peter Manuel
Haaren (WV). »Es ist wichtig, den Menschen wieder ein Gesicht zu geben«, sagt Jost Wedekin. Deshalb erforscht der 71-Jährige, der bis 1972 die Hauptschule in Haaren geleitet hat, seit vielen Jahren die rund 300-jährige Geschichte der Landjuden in Haaren. Zur Blütezeit der jüdischen Gemeinde lebten elf Familien mit 64 Mitgliedern in Haaren, heute ist es keiner mehr.

Als das Heimatbuch zum 1000-jährigen Bestehen des Ortes im Jahr 1975 erschien, fehlte darin ein Beitrag über die Juden. Also machte sich Jost Wedekin, der in Schloß Neuhaus lebt, daran, diese Lücke aufzuarbeiten. Zahllose Stunden verbrachte er in Archiven und führte Gespräche mit noch lebenden Zeitzeugen. Bei diesen Recherchen sammelte Wedekin eine Fülle von Material, die zum einen zu einer unter anderem bereits im Paderborner Kreishaus gezeigten Ausstellung führte.
Der Heimat- und Verkehrsverein Haaren hat die Forschungen Wedekins zum Anlass genommen, ein größeres Projekt zu starten. Die Dokumentation, die am Beispiel der Familie Rosenberg - über sie war das meiste Material zu bekommen - die wechselvolle Geschichte der jüdischen Gemeinde in Haaren zeigt, war dabei der erste Schritt. Diese Ausstellung, die auch schon im niederländischen Haaren (Nord-Brabant) zu sehen war, wurde inzwischen überarbeitet und deutlich erweitert.
In weiteren Teilen dieses Projektes sind inzwischen die Arbeiten an einer 28-seitigen Gedenkschrift zum Thema »Die Landjuden von Haaren« beendet. Diese Broschüre ist derzeit im Druck und soll zur Enthüllung eines großen Gedenksteins am Freitag, 10. November, 18.30 Uhr vorliegen und verkauft werden.
Autor ist ebenfalls Jost Wedekin. Den Text über den Gedenkstein hat Alfred Vossmann beigesteuert. Er kümmert sich mehr um den organisatorischen Teil des Projektes, unter anderem auch um die Finanzierung der Vorhaben. Der Stein, ein 1,4 Tonnen schwerer Granit (Impala aus Indien), bekommt auf der einen Seite die Inschrift »Den jüdischen Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 - 1945. Die Bürger Haarens«. Die hebräischen Schriftzeichen darunter bedeuten »Ihre Seelen seien eingebunden in das Bündel des Lebens«. Unter der Zeile »Ermordet in den Konzentrationslagern des NS-Regimes« folgen dann die 28 Namen der Haarener Opfer des Holocaust, die in unterschiedlichen Lagern ums Leben kamen.
Der Stein hat die schlichte Form einer 50 Zentimeter breiten und 1,80 Meter hohen Quadratsäule mit Spitzdach. Der graue Granit passt sich den Grabmälern des nahen jüdischen Friedhofs an. Als Standort wurde ein Gemeindegrundstück unmittelbar neben dem jüdischen Friedhof an der »Via Regia« ausgewählt. »Das Denkmal soll als Zeichen wider das Vergessen, aber auch als Zeichen der Versöhnung verstanden und als solches geachtet werden«, wünscht sich Alfred Vossmann.
Lediglich vier jüdische Mitbürger kehrten nach dem Krieg nach Haaren zurück. Mit Siegmund Rosenberg starb der Letzte von ihnen im Jahr 1982. Da die nun entstehende Broschüre nur einen Teil der umfangreichen Geschichte aufnehmen kann, soll Ende 2007 eine ausführliche schriftliche Dokumentation erfolgen. »Bis zur Zeit der Weimarer Republik sind die Seiten so gut wie fertig, der Rest existiert als Manuskript«,geht Autor Wedekin von rund 200 Seiten aus.

Artikel vom 26.10.2006