24.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Besonders aktueller Gottesdienst

Jacobi-live am vergangenen Sonntag drehte sich ums Thema »Nie genug«


Werther (law). Mitten aus dem Leben und genau zur richtigen Zeit kam das Thema des Jacobi-Live Gottesdienstes am Sonntag. »Nie genug« lautete das Motto des etwas anderen Gottesdienstes. In Zeiten von Siemens-Vorstandsmitgliedern, die ihre Gehälter aufstocken wollen, und vielen anderen Beispielen aus Politik und Gesellschaft wurde deutlich, dass das Thema derzeit viele betrifft.
Auch bei der Musik beschrieb besonders ein Lied das aktuelle Lebensgefühl. Und so präsentierten die Moderatorinnen Lena Mensching und Britta Banse zu Beginn in der voll besetzten Jacobi-Kirche den Hit »Nie genug« von Christina Stürmer. »Ich kriege nie genug vom Leben. Ich will alles auf einmal und nicht nur so halb«, singt die 22-jährige Österreicherin.
Nie genug bekommt auch der französische Gastschüler Rogér (wunderbar gespielt von Fabian Krause) in der Anspielszene. Nicht nur, dass er den Eltern Rita und Wilfried Panhorst sowie Sohnemann Jan Schönfeld fast die Haare vom Kopf frisst. Auch bei den Freizeitausflügen, die ihm seine Gastfamilie anbietet, ist Rogér nicht wählerisch und nimmt einfach alles. Er sagt »Oui« zu Pottspark, Olderdissen, Salinen und allem weiteren. »Rien ne vas plus« - zu deutsch: Nichts geht mehr, sollte nach Wunsch von Mutter Rita Panhorst eher das Motto sein. Mit den Worten »Du kriegst den Hals wohl gar nicht voll«, begann Jugendreferent Volker Becker seine Predigt. Denn nicht nur Kinder hören diesen Satz, auch Erwachsene bekommen ihn inzwischen immer häufiger zu hören. »Der Tag müsste eigentlich 48 Stunden haben«, erzählte Volker Becker in Anspielung auf die vielen Wünsche, von denen man nie genug bekommen kann. Als »gelungene Provokation« beschrieb Volker Becker das anfangs zitierte Lied und zog eine weitere Verknüpfung zwischen Lied und Gottesdienst. Das Gefühl, dass andere mehr bekommen oder man selbst irgendetwas verpassen könne, kenne jeder, so Becker. Die Versuche, dieses Gefühl zu befrieden und immer dabei zu sein, verlaufen nach Meinung des Jugendreferenten aber immer ins Leere. Auch in der Bibel habe es einen Mann gegeben, der nach reicher Ernte plötzlich vor der Frage stand, was er mit seinem Ertrag machen sollte. Die größere Scheune und die damit jahrelange gesicherte Versorgung waren ein Trugschluss, denn schon in der nächsten Nacht starb der Mann. »Reichtum in Gottes Augen« sei das Wichtige, das Ziel wonach es sich zu streben lohne. »Gott will uns auf unserem Lebensweg begleiten und die Leere in uns ausfüllen«, machte Volker Becker Mut. Anhand eines kleinen Experimentes, in dem er in einen Glasbehälter zuerst Steine, dann Sand und anschließend noch Wasser fühlte, verdeutlichte Volker Becker, dass Gott jeden kleinen Zwischenraum im Leben jedes einzelnen füllen will.
Besonders atmosphärisch wurde es bei den Liedern der Band »Jacobi Projekt«. Auch die Ausleuchtung der Jacobi-Kirche mit warmen Scheinwerferfarben und die Liedtexte an der Videoleinwand, die erstmals mit kleinen Videos von aufbrechenden Wolkendecken, Wellen und Kerzenflackern untermalt wurden, zeigten einmal mehr, warum die Kirche Monat für Monat am dritten Sonntag abends voll besetzt ist und sich der Gottesdienst über einen gleich gebliebenen Ansturm wie zu Beginn vor mehr als fünf Jahren erfreut.

Artikel vom 24.10.2006