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Verschmähter
Liebhaber ein
Gewalttäter

Er wollte Zuneigung erzwingen

Paderborn (sab). Er wollte Liebe erzwingen und wurde zum Verbrecher: Das Landgericht Paderborn verurteilte gestern einen 53-jährigen Paderborner wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.

Peter W. wurde vorgeworfen, seinen von ihm getrennt lebenden Lebenspartner Kim D. gewaltsam festgehalten und gefügig gemacht zu haben, damit dieser zu ihm zurück käme.
Das Martyrium des jungen Mannes begann im Dezember 2005, als sein wesentlich älterer Ex-Partner ihn mit vorgehaltener Pistole zwang, bei einem Rechtsanwalt Urkunden zu unterschreiben. Anschließend fuhren beide zur Wohnung des Angeklagten, mit dem Kim D. seit 2003 in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt hatte. Dort wurde Kim durch Reizgas überwältigt und gefesselt. Peter W. verabreichte dem Hilflosen zusätzlich eine Narkosespritze und ließ ihn erst wieder nach dessen Beteuerungen, die Beziehung wieder aufnehmen zu wollen, frei.
Der französischstämmige Peter W. ließ aber nicht locker. Sein Bekannter Berhard B. erhielt 2000 Euro dafür, dass er Kim D. am 14. Februar nach einer gemeinsamen Kneipentour ins Paderquellgebiet lockte. In dem Wissen, dass der Angeklagte dort mit einem Unbekannten wartete, ließ er das Opfer unter dem Vorwand, austreten zu müssen, allein und machte sich auf den Weg zu Michel R., der in der Nähe mit seinem Pkw parkte. In den folgenden Stunden verabreichte Peter W. dem jungen Mann, den er erneut in seine Wohnung in Sennelager verschleppt hatte, circa zwölf Narkosespritzen. Erst am nächsten Tag konnte Kim D. gegen 15 Uhr durch die Polizei befreit werden.
Die Grausamkeit der Tat mache sich vor allem an der Verwendung der chemischen Substanzen (Chloroform und Ketamin) fest, hieß es in der Urteilsbegründung des Vorsitzenden Richters Stefan Schäfer. Das Narkosemittel Ketamin könne bei unsachgemäßer Anwendung in kurzer Zeit zum Tod führen. Der Vertreter des Nebenklägers, Andreas Carl, wies in der Verhandlung darauf hin, dass der Angeklagte aus egoistischen Beweggründen das Leben seines Mandanten riskiert habe und plädierte ebenso wie Staatsanwalt Jochen Zimpel auf ein hohes Strafmaß.
Während der Verhandlung, in der auf die Anhörung von Zeugen und Sachverständigen verzichtet wurde, wollte sich keiner der Angeklagten selbst zu den Tatvorwürfen äußern. Die Parteienvertreter bestätigten, dass sowohl Peter W. als auch seine Mitangeklagten geständig seien und die Taten bereuten. Bernhard B., der zum Tatzeitpunkt wegen anderer Delikte unter Bewährung stand, wurde wegen Beihilfe zur Freiheitsberaubung zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt - unter der Auflage, 2000 Euro an das Deutsche Rote Kreuz zu zahlen. Michel R., der ebenfalls der Beihilfe zur Freiheitsberaubung schuldig gesprochen wurde, bekam sieben Monate auf Bewährung. Er muss zudem 120 Stunden soziale Dienste ableisten.

Artikel vom 24.10.2006