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Wagner bewundert die Verler »Spiel-Rituale«

Wattenscheids Trainer: »Wir wurden aufgemischt« - Castilla und Danismaz im Derby-Fieber


Verl (cas). Mitte der ersten Halbzeit im Wattenscheider Lohrheide-Stadion: Kopfschüttelnd kam der Mann mit dem Köfferchen vom Rasen geeilt, nachdem er den angeschlagenen Lars Remmert medizinisch versorgt hatte. »Es ist immer dieselbe Leier gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte: Mit Hacke, Spitze, Eins-Zwei-Drei wollen wir den Gegner bezwingen - aber so geht das nicht«, ärgerte sich auch SC Verls Masseur Heiner Scheller über den viel zu behäbigen Auftritt der SCV-Kicker.
Doch kaum saß »Miraculix« wieder auf seinem Platz, da fiel auch schon der Ausgleich. Sofort nach seinem Super-Freistoßtor, das mit einem Schlag die bis dahin vor sich hinträumenden Verler aufweckte, eilte Soner Dayangan auf Mario Ermisch zu. Womöglich wollte sich der kleine Wirbelwind bei seinem Trainer bedanken, dass ihm dieser trotz einiger Formschwankungen erneut das Vertrauen schenkte.
Ausgleich, Wende und ein triumphales Ende: Nach geradezu erbärmlichen 40 Minuten schoss sich dann der SCV auf das Super-Derby gegen den FC Gütersloh ein. Ein Tor mehr in Wattenscheid - und Verl wäre sogar auf den Thron geklettert. An dem durfte der amtierende Vizemeister schonmal rütteln. Als die mitgereisten SCV-Fans über den Heidewald-Halbzeitstand (0:1) informiert wurden, skandierten sie fröhlich: »Spitzenreiter, Spitzenreiter«.
Darauf müssen sie indes noch eine Woche warten. »Das wird ein Superspiel mit einer vollen Hütte«, fieberte Carlos Castilla schon gleich nach dem Abpfiff in Wattenscheid dem Hit an der Poststraße entgegen und fügte augenzwinkernd hinzu: »Am Sonntag werden wir sehen, wer den besseren Fußball von uns beiden zeigt...« »Ich bin auch ganz heiß darauf, es ist das erste Derby für mich«, verkündete der bereits seit Wochen in Topform auftrumpfende Mittelfeldstratege Turgay Danismaz.
Besser hätte die Tabellenkonstellation vor dem Kreisknaller gar nicht sein können. Der Oberliga-Knüller hätte gerade zum jetzigen Zeitpunkt auch zahlreiche Aktive aus anderen Klubs angelockt, aber die müssen ja am Sonntag selbst ran. Ein Verlegung auf den Samstag war indes für die SCV-Offiziellen schon aus traditionellen Gründen nie ein Thema, ebenso können sie sich nicht für Freitagabendspiele erwärmen.
Auf jeden Fall gehen die Verler nach ihrer Wattenscheider 60 Minuten-Gala mit breiter Brust und den besseren personellen Möglichkeiten in die Power-Partie. Bis Sonntag dürften auch die noch angeschlagenen Leistungsträger Mariusz Rogowski und Jörg Bode wieder fit sein. Beneidenswerter Mario Ermisch! In wenigen Tagen legt übrigens Bode seine Trainer-A-Schein-Prüfung ab (zu den Kursteilnehmern gehört auch der Ex-Stuttgarter Svonimir Soldo) und hat dann den Kopf frei für das »Spiel des Jahres« gegen seinen alten Kumpel Thomas Stratos.
»Die Verler haben uns richtig aufgemischt. Wenn die mal in Fahrt kommen, dann spielen sie mit eingeübten Ritualen ihr Ding locker runter«, schwang in dieser Aussage von Wattenscheids Trainer Frank Wagner schon Bewunderung mit. Wenig Respekt jedoch zeigte am Sonntag ein kleiner, übermütiger SG-Fan, der nach der 1:0-Führung seines Teams von der Tribüne aus die Verler Trainerbank unter »Beschuss« nahm: Mehrere Lokus-Papierrollen landeten hinter Ermisch und seinem »Co« Manfred Niehaus. Dann aber »Feuer frei« auf dem Rasen: Wattenscheid tauchte im Torhagel des Gegners unter. Fünf Warnschüsse für den FC Gütersloh.

Artikel vom 24.10.2006