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Schludriges Bürokratiemonster

Jörg van Essen (FDP) kritisiert das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Schloß Holte-Stukenbrock (mcs). FDP-Bundestagsabgeordneter Jörg van Essen nimmt seine Rolle als Oppositionspolitiker ernst. Bei einer Diskussionsveranstaltung des FDP-Ortsverbands Schloß Holte-Stukenbrock am Freitag in Kösters Restaurant ließ er kein gutes Haar an der derzeitigen Regierungspolitik. Für die bisher geleistete Arbeit stellte er der Großen Koalition vielmehr ein miserables Zeugnis aus. Ausgangspunkt seiner Kritik war das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Seit 16 Jahren ist Jörg van Essen, der zudem als Parlamentarischer Geschäftsführer die Geschicke der FDP-Bundestagsfraktion mitbestimmt, für die Freien Demokraten Mitglied im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages. »Etwas so schludrig Gearbeitetes wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist mir dort zuvor niemals untergekommen«, so Jörg van Essen. Zwar trete die FDP - genau wie die Regierungsparteien - gegen jede Form von Diskriminierung ein. Das am 18. August in Kraft getretene neue Gesetz schaffe jedoch nur bedingt Abhilfe.
Zustande gekommen sei der Gesetzestext beim Versuch, eine EU-Richtlinie aus Brüssel in nationales Recht zu übertragen. Statt die Vorlage eins zu eins umzusetzen, habe die deutsche Regierung aber diverse Regelungen ergänzt und so ein regelrechtes Bürokratiemonster geschaffen. So heiße es in dem neuen Gesetz, dass niemand wegen des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion, der sexuellen Identität und der Weltanschauung benachteiligt werden dürfe. Aufgrund inkonsistenter, widersprüchlicher Formulierungen berge der Text aber eine Vielzahl von Unsicherheiten.
Schenkt man Jörg van Essens Ausführungen Glauben, wirkt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Bereich Arbeitsrecht sogar seiner Bestimmung entgegen. Aus Angst, jemanden ungewollt zu diskriminieren, sortierten seiner Beobachtung nach inzwischen viele mittelständische Unternehmen vor Neueinstellungen Bewerbungen von potentiell problematischen Kandidaten von vornherein aus, um im Falle einer Ablehnung einer Klage zu entgehen.
Äußerst kritisch steht Jörg van Essen speziell der Rolle von CDU und CSU bei der Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gegenüber. Vor Übernahme der Regierungsverantwortung hätten beide Parteien eine Regelung in der heutigen Form abgelehnt. Letztlich habe die Union aber einen Gesetzestext mit verabschiedet, der nahezu komplett dem von der rot-grünen Vorgängerregierung angeregten Antidiskriminierungsgesetz entspreche und sogar noch einen Verweis auf deren Koalitionsvertrag von 2002 enthalte. Van Essen: »Ein derartiges Verhalten ist unfassbar.«

Artikel vom 23.10.2006