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»Herren der Ringe« mit ruhiger Hand

Wolfgang Funck und Herbert Heidemann bei der Deutschen Meisterschaft der Senioren

Von Michael Risse
Sportkreis Höxter. »Seit 1965 bin ich Sportschütze. Mein Traum war immer, an einer Deutschen Meisterschaft teilzunehmen«, sagt Wolfgang Funck. Am heutigen Samstag startet der 59-jährige Höxteraner bei den Titelkämpfen der Senioren in Dortmund. Auch der Bad Driburger Herbert Heidemann stellt sich der Konkurrenz in der Sparte »Luftgewehr Auflage«. Ihre Zielscheibe hat nur 4,5 Zentimeter Durchmesser.


»Die Ringe auf der Zielscheibe sieht man nicht, man erkennt nur den schwarzen Punkt«, erklärte der 66-Jährige Herbert Heidemann. Aus zehn Metern Abstand visieren die Sportschützen einen kleinen Fleck an, der nur drei Zentimeter Durchmesser hat. Gute Augen und eine ruhige Hand sind das Kapital von Wolfgang Funck (SSV Höxter) und Herbert Heidemann (BSV Brakel).
Über die Kreismeisterschaft, dann den Wettbewerb auf Bezirksebene und schließlich die Landesmeisterschaften von NRW haben sie sich für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert. Wolfgang Funck ist stolz darauf, dass er der erste Schütze in der fast 125-jährigen Vereinsgeschichte des SSV Höxter ist, der an einer Deutschen Meisterschaft teilnimmt. Der Höxteraner ist bei den Senioren A (Sportler zwischen 55 und 60 Jahren) einer von 390 Konkurrenten. Heidemann hat bei den 66 bis 70-Jährigen (Senioren B) 220 Gegner. Erst zum zweiten Mal findet eine Senioren-DM statt. Schießwettkämpfe für Senioren gibt es laut Funck erst seit sechs Jahren: »Früher gingen uns die Aktiven verloren, wenn sie 55 wurden.«
Funck und Heidemann tragen für ihren Sport bunte dicke Jacken. »Nicht weil wir frieren, sondern um die Pulsschläge des Körpers vom Gewehr abzuhalten.« Immer wieder wird der Ablauf beim Schießen wiederholt. Patrone einlegen, Zielen, Abdrücken, Scheibe heranholen und das Trefferbild betrachten. Dann startet der Zyklus von vorn. In der heimischen Schießhalle ist es ruhig und nur der Schuss unterbricht die Stille. In Dortmund geht es lebhafter zu. Drei Meter hinter den Schützen sind die Zuschauer. »Die unterhalten sich über Suppe oder ihre Freundin. Man muss alles ignorieren«, sagt Funck, der auf einen Gehörschutz verzichtet, da ihn sonst die Zirkulation des Blutes in den eigenen Adern stört.
30 Schüsse hat jeder im Wettkampf. 45 Minuten Zeit haben die Sportschützen. Innerhalb dieser Zeit müssen Funck und Heidemann auch noch das Einschießen absolvieren. Funck sagt: »Ist der erste Probeschuss eine Zehn, werde ich mit dem vierten aufhören und meinen Wettkampf beginnen.«
Funck und Heidemann schießen mit Pressluftwaffen. Anders als bei Kompressionswaffen, bei denen die Waffe aufgezogen werden muss, gibt es eine Kartusche unter dem Lauf, in dem ein Gas mit 200 Bar Druck enthalten ist, welches die Patrone herauskatapultiert.
»Der erste Wettkampfschuss ist das Problem. Bei der Landesmeisterschaft schoss ich eine Zehn. Dann folgten zweimal 9,9 Ringe und eine 9,7. Nach vier Schuss hatte ich schon drei Miese«, erinnert sich der 59-Jährige, der ergänzt: »Da dachte ich, dass ich wieder nicht zur Deutschen Meisterschaft komme. Aber von da an habe ich die Nerven im Griff gehabt und 26 Volltreffer hintereinander weggedonnert.« 297 Ringe und Platz elf ebneten den Weg zur DM. Berufskraftfahrer Herbert Heidemann, der das Schießen vor 20 Jahren als Ausgleichssport entdeckte, kam auf 295 Ringe. »Das ist abgehakt. Auf zu neuen Taten«, bekundet der Driburger, der am gestrigen Freitag noch einen Rundenwettkampf absolvierte. So etwas ist für Funck Tabu. Zehn Tage vor einer Meisterschaft wird nicht mehr auf Ergebnis geschossen, nur noch der gewohnte Ablauf des Schießens geübt
In Dortmund entfällt allerdings das Rückholen der Scheiben. Das Trefferbild wird auf Bildschirmen angezeigt. »Man kann sich mehr auf sein Schießen konzentrieren«, sagt Heidemann. Funck glaubt, dass bei der Deutschen Meisterschaft in seiner Klasse mindestens drei Mann 300 schießen und 20 mit 299 Ringen ihren Wettkampf beenden. Dazu möchte er gehören.

Artikel vom 21.10.2006