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Spitzenplätze im Deutschland-Cup

Radsport: Fabbenstedter »Radz Fatzler« sind im Liegerad-Fahren ganz weit vorne

Von Ingo Notz
Fabbenstedt (WB). Sie sind seit Jahren in der Sportszene des Altkreises - und doch werden sie leicht übersehen. Kein Wunder: Sie sind schnell, windschnittig, klein - und leicht zu übersehen. Das gilt aber nicht für ihre Erfolge: Die Liegerad-Abteilung des Radz Fadz Fabben-stedt ist weit mehr als nur Breitensport - auch die Erfolge können sich längst sehen lassen.

»Warum fahren Leute Motorrad? Weil es Spaß macht! Mir macht das Liegeradfahren jedenfalls deutlich mehr Spaß als das normale Radfahren.« Ein halbes Dutzend »Lieger« gibt es mittlerweile schon im Radz Fadz - und langsam, aber sicher breitet sich das Phänomen auch im Altkreis Lübbecke aus - auf schmalen Spuren. Zum festen Kern des Radz Fadz Teams gehören Ralf Golanowsky aus Isenstedt, Axel Hädicke aus Fabbenstedt und Matthias König aus Diepholz.
Diepholz? Genau - und das ist schon an sich ein Kompliment für die Fabbenstedter Lieger, wie die Liegeradler auch genannt werden: »Ich hätte auch in Versen fahren können - aber in Fabbenstedt fahren sie einfach schneller. . .«
Stichwort Geschwindigkeit - nicht das entscheidende Element, aber ein wichtiges, das im Zweifel für die Lieger spricht. Die Windschnittigkeit ist im Vergleich zu »normalen« Radfahrern natürlich deutlich ausgeprägter. »Wenn es flach und windig ist, hat man mit dem Liegerad enorme Vorteile. Zehn bis zwölf Prozent ist man dann im Vergleich zum Rennrad, bei gleichem Krafteinsatz, schon schneller«, grinst Ralf Golanowsky. Er ist einer der Väter der Abteilung, hat seit seiner Jugend Radsport betrieben. »Nach drei, vier Bandscheibenvorfällen habe ich dann nach einer Alternative gesucht. Dabei bin ich auf das Liegerad gekommen. Es gibt Untersuchungen, dass man beim Rennrad bei 350 Watt im Rennen bis zu 450 Kilogramm Belastung auf der Bandscheibe hat - und beim Liegerad sind es nur bis zu zehn Prozent davon.«
Mittlerweile nehmen auch drei der Radz Fadzler regelmäßig an Wettkämpfen teil: Ralf Golanowsky, Matthias König und Martin Hannekum aus Wagenfeld, der als Gastfahrer zu den Fabbenstedtern gehört. Die Fabbenstedter vertreten ihren Verein und Ort dabei schon bundesweit: Von Paderborn über Köln und Hamburg bis nach Stuttgart ging es schon Radz Fadz. Als absolutes Lieblingsrennen hat sich in diesem Jahr das Ereignis auf der Radrennbahn in Köln entpuppt: »Schneller kann man gar nicht fahren«, schwärmt Matthias König, »wenn man da einmal beschleunigt hat. . .«
Vor der letzten Station im Deutschland-Cup, die in Wagenfeld ausgefahren wurde, waren die drei Fabbenstedter alle unter den Top Ten: König Sechster, Hannekum Siebenter und Golanowsky Neunter.
König hat sich in dieser Saison mit etlichen Erfolgen weit nach vorne gefahren. In Paderborn siegte er über die 400-Meter-Sprintdistanz, in Hamburg ließ er über die 250-Meter-Strecke (fliegender Start) alle Kontrahenten ebenso hinter sich wie auf der 2000-Meter-Strecke - wobei diese Sprintrennen alle als Zeitfahren ausgetragen wurden, also einer nach dem anderen auf die Strecke geschickt wurde.
Beim Rennen in Wagenfeld bestätigten die Rennsportler aus Fabbenstedt dann auch ihre sehr guten Leistungen der vergangenen Monate. Matthias König (Radz Fatz) gewann die Gesamtwertung und darf sich damit Krismeister nennen. Titelverteidiger Martin Hannekum landete hinter Fabian Jessen diesmal auf dem dritten Rang. Ralf Golanowsky wurde 13.
Die Gesamtwerttung des Deutschland-Cups ging 2006 an Fabian Jessen. Als bester Fabbenstedter landete Matthias König direkt vor Martin Hannekum und Ralf Golanowsky auf dem sechsten Rang - von insgesamt 77 klassifizierten Fahrern: ein starkes Gesamtbild.
Alle drei zeigten sich damit mehr als zufrieden - und haben trotzdem immer noch Luft nach oben. Golanowsky hatte mit den Folgen eines schweren Sturzes beim Rennen in Langenfeld zu kämpfen, als er ein Kurve zu optimistisch angefahren war, zudem hatte er zu Saisonbeginn nach einem seiner Bandscheibenvorfälle acht Wochen ohne Training zu überstehen.
Nicht erst beim Finale zeigte sich aber auch: Der kommende Mann ist mit Sicherheit Matthias König. Mit gerade einmal 19 Jahren hat er in Wagenfeld das gesamte Feld nicht nur besiegt, sondern sogar komplett überrundet! Damit zeigte er sein wahres Potential und ist für das kommende Jahr nun der heiße Kandidat für den DLC-Sieg.
Noch ist die Lieger-Szene übrigens komplett eigenständing - anders gesagt: Der Radsportweltverband UCI erkennt diese Form des Radfahrens noch nicht an. So organisiert sich die Szene im Moment zusammen mit dem eingetragenen Verein HPV (Human Powered Vehicle) weitgehend selbst - dem Internet sei Dank. So ist auch der Deutsche Liegeradcup privat organisiert. »Da ist aber Bewegung drin, ich hoffe, dass sich das verfestigt«, siegt Ralf Golanowsky durchaus die Chance, dass die Liegeradfahrer in naher Zukunft auch die Anerkennung vom Weltverband des Radsports bekommen, die sie sich als Teil der Radsportszene verdient haben. Belächelt wird keiner mehr aus der Radz-Fadz-Truppe - anders als noch vor Jahren. »Heute gucken aber immer noch alle auf uns herab«, grinst Matthias König - natürlich nur bildhaft, weil es kaum flachere Verkehrsteilnehmer gibt als die Lieger.

Artikel vom 20.10.2006