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Aus Großeneder in die Welt

Afra Schachten (27) hat ihr berufliches Glück in Holland gefunden

Von Jürgen Vahle
Großeneder (WB). Manche Menschen sind ungewöhnlich. Bei Afra Schachten geht das schon mit dem Vornamen los. Der kommt aus dem Lateinischen und ist doch eher selten. Die 27-Jährige hat aber noch mehr zu bieten: Die Großenedererin hat es geschafft, von einer Hauptschülerin bis zu einer Führungskraft in einem amerikanischen Unternehmen in den Niederlanden aufzusteigen.

Und darauf ist sie ohne Zweifel ziemlich stolz, denn das zeige eines ganz deutlich: »Im Leben kann man alles erreichen, wenn man nur will.«
Bei Afra Schachten ging das mit dem »Wollen« schon in der Hauptschule los. Dort schaffte sie nicht nur den einfachen Abschluss, sondern die Mittlere Reife. Nach zwei Jahren am Johann-Conrad-Schlaun-Berufskolleg hatte sie auch ihr Fachabitur in der Sparte »Wirtschaft und Verwaltung« in der Tasche. Die Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notargehilfin beim Warburger Anwalt Ulrich Gerke bestand sie ohne Probleme.
Doch Afra Schachten hatte noch höhere Ziele - und wollte vor allem erst einmal raus aus Großeneder. In Paderborn begann sie daher 2001 ein Wirtschaftsstudium - und absolvierte ihr letztes Semester in den Niederlanden, nämlich in Utrecht. Bei den europäischen Nachbarn gefiel es ihr auf Anhieb gut. »Holland ist ein offenes, modernes und internationales Land, jeder spricht dort Englisch«, hat die 27-Jährige erfahren. Kein Wunder also, dass sie sich nach Ende des Studiums vor einigen Monaten auch um einen Job in den Niederlanden gekümmert hat - und prompt eine Stelle bekam. Seither ist sie beim amerikanischen Bekleidungsriesen »Foot Locker« beschäftigt. Ihre Aufgabe: Sie kontrolliert als so genannte »Cash Managerin« alle Zahlungsausgänge der 95 Filialen des Unternehmens in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Eine Berufsentscheidung, die die Diplom-Kauffrau sehr zum Leidwesen ihres aus Warburg stammenden Freundes Marcel bislang nicht bereut hat. Im Gegenteil: »Ich habe Kollegen aus aller Welt. Mobbing wie in Deutschland habe ich noch nicht kennen gelernt. Keiner ruht sich auf seinem Job aus und versucht, die Arbeit an andere weiterzuschieben.«
Und Afra Schachten plant noch weiter, denn die Niederlande sollen möglichst nicht die letzte Station ihres Auslandsengagements sein: »Ich würde gerne noch mal in England arbeiten«, berichtet sie. Der Wunsch könnte schnell in Erfüllung gehen, denn bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber herrscht das in Amerika üblich Prinzip »hire and fire«. Die Unternmehmensstrukturen sind flach, jeder kann sehr schnell auf gute Posten klettern, aber auch genauso schnell entlassen werden, berichtet sie. Doch für die Großenedererin wäre auch das kein Problem: »Ich denke derzeit nur kurzfristig und arbeite in den Niederlanden weiter, so lange ich Spaß habe.«
Allzu große Sorgen muss sie sich wohl auch nicht machen, denn als gut ausgebildete Diplom-Kauffrau mit Auslandserfahrung und fundierten Kenntnissen des Niederländischen dürfte sie nicht nur in Holland, sondern auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt gute Chancen haben. Doch dorthin will sie in den kommenden Jahren nicht zurück.

Artikel vom 19.10.2006