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Schützen lassen
Gütersloh vibrieren

Schützentag mit Böllerschüssen und viel Musik

Von Stephan Rechlin
und Frank Bollkämper
Gütersloh (WB). Samstagnachmittag, 15.12 Uhr. Drei Kanonenschläge lassen Fenster vibrieren, Haustiere verkriechen und Passanten in den Himmel schauen. Ein Militärflugzeug, das die Schallmauer durchbricht? Nein, der 57. Schützentag des westfälischen Schützenbundes tritt in seine »heiße Phase« ein.

Der weiße Dampf der Haubitze weht über 5000 Hüte, Kappen, Federn und Diademe auf dem Sportplatz der Regenbogenschule. »Spätestens jetzt weiß ganz Gütersloh, dass wir in der Stadt sind,« spricht WSB-Präsident Klaus-Dieter Stallmann von einer Tribüne aus ins Mikrophon. Bürgermeisterin Maria Unger bekommt diese Nachricht persönlich überbracht - aus Olpe. Dort fand der vergangene Schützentag statt. Olpes Bürgermeister Horst Müller überreicht Unger das Banner des westfälischen Schützenbundes. Auf dieses Banner muss Unger nun ein Jahr lang gut aufpassen: »Gütersloh wirbt mit dem Spruch ÝDie Stadt im GrünenÜ. Mit dem westfälischen Schützentag gewinnt dieser Werbespruch eine ganz andere, aber sehr eindrucksvolle Bedeutung,« sagt Unger scherzend.
Landrat Sven-Georg Adenauer weist in seiner Begrüßung auf die wichtige Jugendarbeit in den Schützenvereinen hin: »Zueinander halten, füreinander einstehen, sich gegenseitig helfen, das sind Grundsätze, die das Ethos der Schützen prägen. Deshalb sind gerade Schützenvereine prädestiniert, diese Werte auch in die Zukunft zu transportieren.« Der Schießsport wiederum vermittele Werte wie Teamfähigkeit, Disziplin, Durchhaltevermögen und Leistungsbereitschaft.
Die Schützen zielen nicht nur gut, sie musizieren auch auf hohem Niveau. Auf dem Sportplatz stimmen 24 Kapellen »Preußens Gloria« an - anschließend ziehen sie in einem grandiosen Zug durch die Innenstadt. Die Leute am Straßenrand winken und applaudieren, wenn Königinnen ín besonders edlen Kostümen vorüberziehen, wenn Könige ihre funkelnden Orden und Ketten präsentieren. Auf den Fahnen, Bannern und Standarten, die vorbeigetragen werden, stehen die Namen der teilnehmenden Vereine. Darunter tauchen Städte auf wie Stuckenbusch-Hochlermark, Knetterhausen, Nordengerland, Tückingen, Frille, Dortmund, Gelsenkirchen und das linke Weserufer von Minden. Die Fahnenschwenker aus Hervert-Dorsten, der Fanfarenzug aus Beckum und die Radfahrer aus Ennigerloh lassen die Zuschauer sogar jubeln. Der kleine Finn (4) verfolgt den Zug auf den Schultern seines Vaters: »Hast Du auch so eine Uniform, Papa?«
Ziel des Marsches ist der Stadthallenvorplatz. Schützen, Musikanten, Könige und Prinzessinnen verwandeln den Platz in eine bunte Hofkulisse. Die Kneipen am Dreiecksplatz werden zu Vereinsheimen. Einigermaßen erholt klettern die jungen Musikanten aus Beckum und vom fürstlichen Trompetercorps Rheda auf die Mauer am Brunnen. Zwei Paukenschläge, zwei Trommelwirbel - dann fetzen sie los. Sie spielen Samba, Titel wie »Brasil« und »Rivers of Babylon« im brasilianischen Tempo. Die Schützen strömen herbei, greifen den Rhythmus auf, tanzen mit. WM-Stimmung vor der Stadthalle.
Keine Schützenversammlung ohne Orden. Die wichtigsten Auszeichnungen gehen an Willi Tönnies (SV Kattenstroth) und Arnold Czech (Kameradschaft ehemaliger Soldaten Harsewinkel). Tönnies erhält das Ehrenkreuz des Deutschen Schützenbundes in Bronze. Er ist seit 1973 aktives Vorstandsmitglied in verschiedenen Positionen, seit dem Jahre 2000 Ehrenvorsitzender. Tönnies war maßgeblich am Bau des Vereinshauses in Kattenstroth beteiligt. Ohne ihn gäbe es das Haus wahrscheinlich nicht. Arnold Czech bekommt das Ehrenzeichen in Gold des Westfälischen Schützenbundes. 1977 rief er den Sommerbiathlon in Harsewinkel ins Leben. Zu jener Zeit war Arnold Czech der Vorsitzende des Reservistenverbandes der Bundeswehr, Ortsverein Harsewinkel, in dessen Regie der erste Sommerbiathlon stattfand.

Artikel vom 16.10.2006