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Eine eigene Welt erschaffen

Auf nach Hollywood - Silke Buhr arbeitet als Szenenbildnerin

Kreis Herford (HK). Silke Buhr baut eigene Welten. Nicht in Träumen, aber im Film. Wie zum Beispiel im Kassenschlager »Das Leben der anderen« und vielleicht bald auch in Hollywood. Silke Buhr aus Löhne arbeitet als Szenenbildnerin.

»Das Leben der anderen« war der Abräumer beim diesjährigen Deutschen Filmpreis. Sieben »Lolas« - so der Name des deutschen Oscars - gingen an das Drama über die moralischen Konflikte des Stasi-Hauptmanns Gerd Wiesler, der durch eine Bespitzelung Einblicke in die Welt der Kunst, des offenen Geistes und in zwischenmenschliche Beziehungen erhält, wie er sie selbst nie hatte.
Eine von den sieben »Lolas« erhielt Silke Buhr aus Löhne. Die Film-Architektin wurde in der Kategorie »bestes Szenenbild« ausgezeichnet. In dem Film von Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck bildet die von Stasi-Spitzeln durchsetzte Kulturszene Ost-Berlins den szenischen Hintergrund. »Wir mussten diese Welt völlig neu erschaffen«, erklärt Silke Buhr.
Die Aufgabe einer Szenenbildnerin beschreibt sie sehr anschaulich: »Ich mache alles, was man sieht, wenn man sich die Schauspieler wegdenkt.« Ein dreiviertel Jahr haben die Vorbereitungen auf den Film gedauert. »Wir haben wochenlang recherchiert sowie unzählige Bilder und Filme angeschaut, um ein tragendes Konzept zu erarbeiten.« Genau die Aufgabe, die sie sich immer gewünscht hatte - und die ihrem feinsinnigen detektivischem Gespür entspricht.
Nach dem Innenarchitektur-Studium in Detmold wechselte sie zur Filmhochschule nach München, weil »Innenarchitektur zu pragmatisch und zu technisch war«. Silke Buhr wollte mehr. Sie wollte Ideen verwirklichen und eigene Räume kreieren. Deshalb entschied sie sich für die Filmbranche. »Anfangs war ich nur billige Arbeitskraft«, erzählt sie von ihrem schwierigem Start. Doch nach ihrem jüngsten Erfolg hat sie endgültig den Sprung geschafft. »Seitdem genieße ich mehr Respekt. Ich bekomme auch internationale Anfragen, weil ich bekannter geworden bin«, sagt Silke Buhr. Mittlerweile lebt die 39-Jährige in Berlin. »Es ist die kreativste Stadt Deutschlands.« Für eine freischaffende Künstlerin Quelle der Inspiration und Grundlage zum Brotverdienen zugleich.
Der Kontakt zu Florian von Donnersmark kam über die beiden Produzenten Max Wiedemann und Quirin Berg zu Stande. Sie kannten Silke Buhr noch von der Filmhochschule in München.
Das Gefühl, bei der Preisverleihung auf die Bühne gerufen zu werden und plötzlich mit einer »Lola« in der Hand vor 2 000 Menschen zu stehen, sei überwältigend gewesen. Und wer weiß, vielleicht schafft es »Das Leben der anderen« als bester ausländischer Film sogar noch nach Hollywood zur Oscar-Verleihung. »Die Ost-Westgeschichte ist auch für Amerikaner interessant. Es könnte klappen«, hofft Silke Buhr.
Und was ist mit ihr? Möchte sie auch in die kalifornische Traumfabrik? »Nein. Nicht unbedingt. Der europäische Film liegt mehr näher. Außerdem möchte ich dazu beitragen, die Bedeutung des deutschen Films zu steigern. Deutschland hat nämlich viele Geschichten zu erzählen.«

Artikel vom 16.10.2006