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Rastloser Arbeiter voller Ideen

Vadim Glowna mit Buchvorstellung und Filmpremiere im »Cineplex«

Von Andrea Pistorius
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Er war ein richtig schlimmer Junge, riss von zu Hause aus, lebte als Clochard in Paris - und wurde einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler: Vadim Glowna. Gestern besuchte der inzwischen 65-Jährige Paderborn.

Die Domstadt ist für den in Hamburg aufgewachsenen Film- und Theatermann eine gut bekannte Adresse. »Mein Schwiegervater wohnte hier, und zwei Mal war ich auch schon in diesem Kino«, verrät er zwischen Lesung und Filmpremiere, locker ins Gespräch mit den Besuchern des »Cineplex« vertieft. In den 80er Jahren hatte er hier das Sozialdrama »Desperado City« vorgestellt, mit dem er als Spielfilmregisseur debütierte, und seit damals den Kontakt zum Kino-Inhaber Hans-Werner Renneke gehalten. Dank dieser Verbindung konnten die Paderborner gestern Glownas jüngsten Film drei Wochen vor dem offiziellen Deutschlandstart sehen.
»Das Haus der schlafenden Schönen« ist das größte Wagnis, das der umtriebige Schauspieler und Regisseur bislang eingegangen ist, »weil ich den Film aus eigener Tasche bezahlt habe«. Er erzählt darin die Geschichte des einsamen Edmond, der aus Sehnsucht nach wärmender, menschlicher Nähe ein Etablissement aufsucht, in dem Männer eine Nacht neben einer narkotisierten, jungen Frau liegen dürfen. Die schlummernde Fremde an seiner Seite weckt Erinnerungen und lässt Edmond sinnieren über sein Leben und den Tod.
Der dem Film zugrunde liegende Roman des japanischen Nobelpreisträgers Kawabata hatte Glowna sofort gepackt. »Das Drehbuch war nach fünf Tagen fertig«, erzählt er, und die Faszination hielt an. Bei den zeitlich und finanziell knapp kalkulierten Dreharbeiten ignorierte der Regisseur eine Verletzung am Fuß so lange, bis ihm Ärzte einen Zeh amputieren mussten.
Davon berichtet Vadim Glowna auch in seiner Autobiografie. »Der Geschichtenerzähler« ist seit drei Wochen auf dem Markt und versammelt in Episoden wesentliche Stationen seines Lebens auf 250 Seiten. Drei Kapitel stellt er in einem der mittelgroßen Kinosäle vor (die Veranstalter hatten sich mehr Besucher gewünscht und nicht mit dem goldherbstlichen Ausflugswetter gerechnet).
Doch gut 120 Zuhörer vernehmen interessiert, wie bei Vadim Glowna alles anfing und mit welchen Filmgrößen er zusammen vor der Kamera stand. Beim Schreiben sei es nicht seine Absicht gewesen, mit diesen Erinnerungen seinen Ruhm zu mehren, schmunzelt der Erzähler, »ich habe sie geschrieben, um meinem Enkel etwas vorweisen zu können«. Auf keinen Fall werde er sich mit diesen Memoiren von Bühne und Kamera verabschieden. »Heroes« heißt sein nächstes Filmprojekt, und Fernsehanfragen gibt es auch schon.

Artikel vom 16.10.2006