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Ein Unparteiischer aus Überzeugung

Jürgen Raatz übernimmt die Leitung des Schiedsrichterbereichs beim FC Fortuna Schlangen

Von Uwe Hellberg (Text und Fotos)
Schlangen (SZ). »Eigentlich wollte ich ja Trainer sein und nicht Schiedsrichter, aber dann bin ich ins kalte Wasser geworfen worden«, erinnert sich Jürgen Raatz. Seit 13 Jahren ist der Schlänger nun aber schon Unparteiischer aus Überzeugung. Darum hat der 53-Jährige jetzt auch die Leitung des Schiedsrichterbereichs beim FC Fortuna Schlangen übernommen.

Seit Jahren muss der Schlänger Verein Strafen bis zu 600 Euro im Jahr zahlen, weil er das vorgeschriebene Soll an Schiedsrichtern nicht erfüllt. »Wir müssten vier Referees im Verein haben, um die Vorgabe zu erreichen«, erklärt Fortunas Vorsitzender Bodo Kibgies. Ein Club, der dies nicht nicht leiste, werde nicht nur zur Kasse gebeten, es gehe auch darum, Seniorenturniere sanktionsfrei durchführen zu dürfen. »Wir sind froh, dass wir mit Jürgen Raatz einen erfahrenen Schiedsrichter gewonnen haben, der sich um den Aufbau einer Jungschiedsrichter-Riege bemühen wird«, so Kibgies.
Jürgen Raatz war bereits von 1993 bis 2000 als Schiesdrichter und Trainer im Jugendbereich tätig. Dann wechselte er zum TuS Falke Berlebeck, wo er unter anderem auch zwei Jahre das Amt des Jugend-Geschäftsführers wahrnahm. »Der Kontakt zu den Schlängern ist aber nie abgebrochen«, sagt Raatz.
Nun ist er zurückgekehrt und hat gleich noch einen weiteren »Schwarzkittel« mitgebracht. Imanuel Block, der in Horn-Bad Meinberg wohnt, vollzog ebenfalls den Wechsel von Berlebeck nach Schlangen. Mit Raatz, Block und Christoph Spyrka haben nun drei Fortunen den Schiedsrichter-Ausweis in der Tasche.
»Ich sehe meine Aufgabe darin, den jungen Leuten die Tätigkeit als Schiedsrichter schmackhaft zu machen, ihnen ihre Rechte zu erklären und das, was sie leisten müssen.« Aber ist der »23. Mann« nicht ein undankbarer Job? »Nein«, betont Raatz, »wenn man gut pfeift, dann sehen die meisten Leute die Entscheidungen auch ein. Man beginnt ja zunächst damit, Jugendspiele zu leiten. Es ist wichtig, dass die Jungs behutsam an die Aufgabe herangeführt werden. Erfahrene Schiedsrichter müssen die Betreuung übernehmen.«
Die Ausbildung zum Schiedsrichter dauere ein Vierteljahr. Raatz: »Das sind acht Schulungsabende und eine Prüfung. Um ein guter Schiedsrichter zu werden, sollte man sportlich und entscheidungsfreudig sein und Selbstvertrauen haben. Außerdem sollte man selbst schon Fußball gespielt haben.«
Als Schiedsrichter ist Jürgen Raatz viel für »König Fußball« unterwegs. Er pfeift Spiele bis zur A-Liga und steht bis zur Landesliga als Assistent an der Seitenlinie. In Ehefrau Angelika (45) hat er einen großen Rückhalt. »Fußball hat schon immer unser Familienleben bestimmt«, sagt sie. Auch die beiden Söhne Dominik (20) und Sebastian (23) sind begeisterte Fußballer. »Sebastian war selbst zwei Jahre lang Jung-Schiedsrichter, hat sich dann aber für das Fußballspielen entschieden«, erklärt Raatz.
Der Schlänger ist überzeugt, dass er einiges bewegen kann. Bei den Schiedsrichtern gebe es gute Aufstiegsmöglichkeiten, übrigens auch für junge Frauen. Der Verein unterstütze die angehenden Jung-Schiedsrichter bei ihrer Ausbildung und stelle nach bestandener Prüfung auch den Dress.
Wer erst einmal den Schiedsrichter-Ausweis besitzt, genießt außerdem noch einen besonderen Vorteil: Er hat freien Eintritt zu allen DFB-Spielen. Jürgen Raatz: »Das gilt auch für Partien der Fußball-Bundesliga. Selbst wenn der FC Bayern München ins Bielefelder Stadion kommt und die Begegnung ausverkauft ist. Wer sich als Schiedsrichter rechtzeitig meldet, bekommt eine Eintrittskarte.«
An ein richtig schlimmes Spiel in seiner Schiedsrichter-Laufbahn kann sich Raatz nicht erinnern. Aber schwierige Situationen gebe es immer wieder mit der Regel des passiven Abseits. Ein »Dorn im Auge« sind dem 53-Jährigen vor allem die Handspiele. Raatz: »In 60 bis 70 Prozent der Fälle ist keine Absicht zu erkennen, aber es wird gepfiffen. Hier sollten meine Kollegen konsequenter sein.«
Eine Altersgrenze für Unparteiische gebe es nicht. Deshalb will Raatz auch noch etliche Jahre pfeifen. Der Schlänger: »Zumindest so lange, wie ich läuferisch noch mithalte.«

Artikel vom 13.10.2006